Sonntag, 7. Oktober 2012

Gleichermaßen irritiert wie verstört

Hallo meine liebe, ich habe hier mal einen ganz interessanten Bericht für dich. Vielleicht ist dir das ja nicht neu, aber ich musste gleich so an dich denken…
(An dieser Stelle sind zwei Links eingefügt, die mich auf Seiten führen, die die heilende Wirkung von Hanf lobpreisen.)
Ich will dich damit natürlich nicht bekehren, aber wenn es dir schlecht geht, ist das zumindest ein Versuch wert. Dass es Gesetze gibt, bedeutet nicht immer, dass sie auch richtig sind. In diesem Fall stecken ganz eindeutig die Pharma-, Holz-, Papier-, Chemie-, Alkohol- und weiß der Geier was Konzerne dahinter, wenn eine 5000 Jahre alte Nutzpflanze, die jahrhundertelang in der Pharmazie und Medizin anerkannt war, verboten wird.
(Es folgt ein weiterer Link zu einer Seite, die sich eingehend mit der subjektiv empfundenen Unsinnigkeit des Seitenbetreibers in Bezug auf das Cannabisverbot befasst.)
Also, falls du es mal ausprobieren möchtest, kann ich dir sicher helfen. Knutschi und ne dicke Umarmung.
(Als PS natürlich noch ein Link, der Bezug auf das Kiffen gegen Schmerzen nimmt.)

Der Sonnabend begann mit dem Lesen dieser Email und es schrie mir eher nach dicker Tüte als nach der Umarmung. Gilt das schon als Spam, obwohl die Mail von einer Freundin kam? Und ist das wirklich meine Freundin? Hat dem ein oder der anderen der pubertäre Drogenkonsum mehr geschadet als mir? Ist diese Pubertät womöglich nie abgeschlossen worden? Oder ist die Experimentierfreude von damals in einen Lebensstil umgeschlagen, der nun zur Krankheit geworden ist? Denn mit Krankheit wird hier ja argumentiert. Cannabis wird mir als Heilmittel all meiner Probleme dargeboten, die ich gesundheitlich jemals hatte. Sie könne mir bestimmt helfen…? Gleichermaßen irritiert wie verstört denke ich darüber nach, wer hier eigentlich Hilfe braucht, denn ich bin kerngesund und habe in letzter Zeit auch keine Schmerzen gehabt. Mir fehlt da jegliche Anknüpfung. Da muckt seit Jahren nichts mehr. Und ich komme nicht umhin, mich zu fragen, welche Alibi-Krankheit sie denn kuriert. Ich hoffe inständig, dass es nicht das Gedankenkarussell ist, denn das hält vielleicht mal kurz an, dreht sich dann aber umso schneller oder vielleicht nie mehr wirklich, außer um sich selbst, was ja die langweiligsten Gesprächspartner auszeichnet, die sich allerdings selbst in der Gewissheit wähnen, die größten Dichter und Denker in unserem Universum zu sein. Nennt mich spießig, aber Alkohol hat ja auch schon nicht geklappt, obwohl auch dieser seit Ewigkeiten als Heilmittel eingesetzt werden kann. Ich arbeite schon zu lange in der Sozialpsychiatrie, als dass ich auf das Versprechen schneller Lösungen hereinfallen könnte. Daran glaube ich genauso wenig wie an Erleuchtung durch Bezahlung. Einige von denen, die diesem Versprechen auf den Leim gegangen sind, brauchen heute meine Behandlung, nachdem IHRE beispielsweise zur drogeninduzierten Psychose führte und vom Körper auch nur noch ein Häufchen Elend übrig ist. Denn wie jede andere Medizin, ist auch diese nicht in der Lage universell heilend zu sein. Vielleicht mag sie bei körperlichen Schmerzen kleine Wunder bewirken, bei seelischen tut sie es nicht. Und wie jedes andere Medikament, wenn man es denn als solches betrachten will, sollte es mit Bedacht dosiert sein und nur für begrenzte Zeit konsumiert werden. Nun ist der menschliche Körper und Geist nicht gerade dafür bekannt, gut Maß halten zu können, gerade wenn es zunächst Spaß macht und scheinbar die Erlösung bringen kann, die man sich erhofft. Wie gut sich Konsumenten plötzlich immer in der Medizin auskennen, wenn es darum geht, den Konsum zu rechtfertigen. Keiner dieser Personen würde doch mit einer solchen Überzeugung Morgenurin trinken, der im Übrigen aber mindestens genauso heilend sein soll. So wie es passt…
Und nein, danke, denn nun bin ich trotz ungünstiger Disposition und destruktiver und autoaggressiver Jugend so alt geworden, da fang ich doch jetzt nicht mehr mit dem Kiffen an. Irgendwann ist auch mal gut. Denn ich habe keine Lust darauf auf ewig ernsthaft irritiert und verstört zu sein.