Mittwoch, 27. Februar 2013

Augen auf bei der Berufswahl

Na, das wär dann auch geklärt. Nacktmalen ist nichts für mich. Schon gar nicht in Kombination mit einer Flasche Rotwein, wie ich am Montagmorgen feststellen musste. Ich ahnte noch nichts Böses, denn Sonntagabend hatte ich echt Spaß. Aber als Montag dann um 6:00 Uhr der Wecker klingelte und ich - kaum aus meiner Schlafkoje gekrochen - lauter Bilder auf dem Boden sah, schämte ich mich fremd. Denn das konnte unmöglich von mir stammen! Tat es doch. Ich hatte in der Nacht von Sonntag zu Montag offensichtlich circa 8 Werke geschaffen. Butter bei die Fische: Augen auf bei der Berufswahl! Von dem ausgehend, was ich gestern in die Tonne geschmissen habe - naja, da hab ich wohl mit geschlossenen Augen gemalt oder mir mein nicht vorhandenes Talent schön gesoffen. Das Trinken an sich wiederum hatte nicht nur negative Auswirkungen in Bezug auf die Einschätzung meines Talentes, sondern mir darüber hinaus einen eher unangenehmen Arbeitsmontag beschert. In meinem Alter verträgt man ja nichts mehr. Wie auch immer. Die NEON (Ausgabe 3/13), die heute eine Freundin an mich weitergab, fährt auch mit einigen Tipps auf:
München Zwei etwa 17-jährige diskutieren im Ghettoslang, wie es bei ihnen nach der Schule weitergeht. "Ey, für ein Gramm kriegst du fünfzig Euro. Mit Drogen kannst du paar tausend Euro im Monat machen." Der andere scheint nicht überzeugt: "Nee, ich glaub, ich studier bei der Bundeswehr." Annabel Dillig
Ich kann mit Überzeugung sagen, für mich kommt weder das eine noch das andere in Frage. Weitersuchen!

Samstag, 23. Februar 2013

Living in a material world

Also, ich weiß nicht, wie es dem Rest der Welt geht, aber ich bin ganz kurz davor durchzudrehen und nackt verrückte Bilder zu malen, was nachweislich nicht meiner Begabung entspricht. Meinen Freund habe ich seit Wochen nicht gesehen, was sowohl für ihn als auch für mich gegenwärtig das Beste ist. Ich bin unerträglich! Mein Zustand ist unerträglich! Ich glaube, ich habe die Quarter-Life-Crisis. An Midlife-Crisis glaube ich nicht, denn dann wäre die Zeit, die mir noch bleibt, doch etwas knapp und wir wollen ja positiv denken. Vor allem habe ich noch so viel vor!
Und da sind wir auch schon bei der Sache! Ich laufe im Hamsterrad und schaffe den Absprung nicht. Um mich herum wird gebaut, geheiratet, befruchtet, gepresst, gewickelt und verwirklicht. Woher haben die Leute bloß die Zeit? Ich schaffe nichts, außer zu arbeiten, obwohl ich eigentlich Besseres vorhabe. Zum Beispiel wollte ich noch mal durch Kuba reisen, bevor es ein Land wie jedes andere auf der Welt wird – vom Westen verspeist. Und wo war ich in letzter Zeit? Kaum außerhalb Hamburgs, wo ich vom Westen verspeist werde. Die Leute reden immer von Familie und Beruf unter einen Hut kriegen. Ich bekomme nicht mal mich allein und meinen Beruf unter einen Hut. Mein Freund muss teilweise schon draußen bleiben. Ich finde, da sind Zweifel mehr als angebracht, ob es DAS sein kann, auch wenn dieses Modell gesellschaftlich angesagt ist und erwartet wird. Konformität war noch nie meine Stärke.
Neulich teilte mir eine Freundin mit, ich sei die unabhängigste Frau, die sie kenne. Ich weiß nicht, wie sie darauf kommt, aber es ist ein Irrtum. Das Rad dreht sich. Und ich finde nicht heraus. Unabhängigkeit in jeder Hinsicht scheint mir auch nicht erstrebenswert. Ein weites Feld... Aber in Bezug auf zwischenmenschliche Beziehungen ist Unabhängigkeit doch scheiße. Je mehr die Menschen und dein Umfeld dich als unabhängig wahrnehmen, desto weniger Chancen zum Anlehnen werden dir geboten, und wenn du nicht aufpasst, ist Unabhängigkeit irgendwann Einsamkeit. Ich will ja nur meinen Job loswerden!
Und wie ich das am besten mache, ohne dem finanziellen Ruin ausgeliefert zu sein? Weiß ich auch noch nicht, aber ich bin guter Dinge. Vielleicht planen VOX oder RTL 2 ja ein neues Reality-Format. Attraktive Bloggerin auf spiritueller Sinnsuche (Anfragen bitte über die Redaktion). Vielleicht kommt mir gleich beim Nacktmalen aber auch noch eine bessere Idee. Eventuell stell ich mich auch vors Rathaus und singe ODER unterrichte Yoga und gebe mir dafür einen spirituellen Namen. Von Bärbel Erna zu Mediata Yogis. Irgendwas fällt mir schon ein. Nichts ist unmöglich.

Samstag, 2. Februar 2013

VerIRRt

Und, was machen Sie so? Dabei zusehen, wie die Wissenschaft sich selbst degradiert und völlig unglaubwürdig macht? Früher hatte es doch wirklich Zugkraft, wenn etwas durch wissenschaftliche Studien belegt wurde. Heute glaube ich keiner Statistik, die ich nicht selbst gefälscht habe oder für deren Ergebnis ich nicht ordentlich bestochen worden bin. Vielleicht wusste ich früher auch einfach noch nicht, wie es läuft. Es ist erschreckend - wie die diesjährigen Grimme-Preis-Nominierungen.
Und Sie? Geht‘s Ihnen gut? Das kann nur ein Irrtum sein! Dem DSM zufolge - der "Bibel der Psychiatrie", wie es kürzlich im SPIEGEL 4/2013 so nett formuliert war - sind wir nämlich alle ein bisschen bluna. Und wer es noch nicht ist, dem oder der kann spätestens mit der neuesten Ausgabe des DSM geholfen werden. Ab Mai ist es soweit. Die neueste Auflage wird vorliegen. Jahrelang hat man an neuesten Störungen gebastelt. Allen, die noch kein ADHS haben, bietet man jetzt zahlreiche Alternativen. Wie wäre es mit einer Binge Eating Störung, Arbeitsplatzphobie oder Hoarding Disorder? Auch nicht? Sie Anfänger! Aber vermutlich trauern Sie länger als zwei Wochen nach dem Verlust eines geliebten Menschen? Na, dann ist doch alles klar! Sie sind geisteskrank und dürfen Pillen schlucken. Herzlichen Glückwunsch; grundsätzlich schon mal an jeden, der demnächst irgendeine Diagnose erhält. Sie können nichts dafür! Sie sind krank! Ach, und meine besten Glückwünsche an die Pharmaindustrie. Ich finde auch, der Gesunde ist einfach nur noch nicht richtig untersucht worden und für jedes Problem gibt es eine Lösung zum Einnehmen.
Ach, wie habe ich die Wissenschaft geliebt und jede meiner Abschlussarbeiten exakt den Standards unterworfen. Ich habe bis zur absoluten Verschmelzung mit dem Thema nächtelang durchgearbeitet, penibel untersucht, dokumentiert, behauptet, belegt und kapiert statt kopiert. Und nun? Lese ich im SPIEGEL, wie angesehene Wissenschaftler sich zu Diagnosen stümpern, um unsterblich zu werden. Und das ist ja erst der Anfang.
Vor einiger Zeit suchte mein Vorgesetzter Freiwillige aus unserem Team, die an einem Forschungsprojekt teilnehmen wollen. Als ich dann noch hörte, dass dieses Projekt von den beiden Professoren durchgeführt werden soll, die ich in meiner Studienzeit als die besten an der ganzen Hochschule wahrnahm, sagte ich begeistert zu. Nach fast einem Jahr Teilnahme ist das Ergebnis lediglich Ernüchterung. Ist die Wissenschaft heutzutage bedeutungslos, weil jeder Wissenschaftler bedeutend sein will, ohne wirklich Bedeutung zu haben oder Bedeutung zu schaffen? In unserem Fall jedenfalls ist überdeutlich, dass hier nur auf den Markt gedrängt wird, weil das Thema gerade up to date ist und man sich unsterblich machen kann. Da ist es zweitrangig, ob gestümpert wird. Hauptsache, es geht schnell und bringt das Ergebnis, welches man für sein Buch, das bald erschienen soll, schon vorformuliert hat. Da sind die Versuchspersonen, inklusive mir, mit ihren Fragen und der ständigen Kritik eher lästig. Da holpert man durch die regelmäßigen Treffen und tut weiter so, als sei keine Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit im vorliegenden Konzept festzustellen, auch nicht, als vorgestellt wird, dass die Vorher-Nachher-Vergleiche gar nicht vergleichbar sind, denn die Proben sind nicht mal von denselben Personen. Das ist ja, als sei ich krank und mir wird Blut abgenommen, um in zwei Wochen festzustellen, ob alles wieder in Ordnung ist, schicke ich aber Herrn Müller zur Blutprobe, weil der Termin mir so nicht genehm ist.
In der ZEIT habe ich vor einiger Zeit mal gelesen: "Die Forschung zerlegt die Welt so sehr, dass die Zusammenhänge verloren gehen!" Da muss man sich nicht wundern, wenn keiner mehr den Überblick hat. Das hätte mir eigentlich schon im Studium auffallen müssen, denn wie oft mussten wir Sequenzen auswendig lernen, wie in einer doofen Schule mit Anwesenheitspflicht?! Das habe ich wohl abgespalten und ausgeblendet. (Hallo DSM, gilt das auch als Krankheit, gegen die ein Kraut gewachsen ist?)
Und, war ich zum Ende des Studiums nicht auch - zumindest kurzzeitig - total blind und taub oder einfach nur angenehm gebauchpinselt, als meine Diplomarbeit mit 1,0 bewertet wurde und ich dann das Angebot erhielt, die Ergebnisse meiner Untersuchung in einer Fachzeitschrift zu veröffentlichen?! Als die Professorin mich dann zum dritten Mal bat, Korrekturen am Artikel vorzunehmen und ich bei der vierten Überarbeitung dann das Gefühl hatte, dass weder von meinem Thema  noch der Artikel sonst etwas beinhaltete, wofür es sich zu sterben lohnt oder ich meinen Namen hergebe, sagte ich dankend ab. Das kam nicht so gut an, denn auch sie hätte wohl gern noch einmal ihren Namen als Co-Autorin irgendwo abgedruckt vor der Pension gesehen. Das letzte Mal war schon zu lange her.
Verirrt. Verraten. Verkauft. Ohne meinen Beitrag.