Sonntag, 14. August 2011

Anstupsen verboten...

…da halte ich es wie die Queen! Denn dies ist keine adäquate Art sich ihr zu nähern. Ist ja auch genauso bekloppt wie gruscheln. Gut, die bei Vz haben sich wenigstens noch bemüht, ein neues Wort zu erfinden, obgleich dies ein Wort ist, das die Welt nicht braucht, genau wie die Funktion an sich, die kein Mensch braucht – ich zumindest nicht. Ich will grundsätzlich nicht, dass sich jemand an mir schubbert – auch nicht virtuell. Oder was soll das sein? Wenn ich jemanden grüßen will, dann gibt es dafür doch schon ein Wort. Ratlos wie ich bin, hab ich das mal gegoogelt und es ist unglaublich: Es gibt nahezu wissenschaftliche Abhandlungen, ganze Foren und mindestens hundert durchdacht klingende Definitionsversuche und sogar Benutzerhandbücher, die sich thematisch dieser Sache gewidmet haben. Und wer es noch nicht wusste: Anstupsen kann teuer werden. Dies natürlich vor allem im Land der unbegrenzten (Klage-)Möglichkeiten. Denn da fühlte sich ein Mädchen von einem anderen zu oft angestupst und damit belästigt, so dass sie diesen Tatbestand zur Anzeige brachte – angeblich mit (finanziellem) Erfolg.
Anstupsen: Funktion, die es einem erlaubt, andere Mitglieder zu kontaktieren, ohne eine Nachricht hinterlassen zu müssen. Ja, das wäre ja auch noch schöner, wenn man sich mit seinen Freunden wirklich unterhalten müsste! Heutzutage sollte man seine Arbeitsschritte möglichst auch im Freizeitbereich effektiv gestalten und bloß keine Energie auf richtiges Schreiben verwenden. Wo käme man denn dahin!
Das ist vielleicht die Antwort auf die Frage, die ich nicht gestellt habe, aber es wird mir doch einiges klar. Mich stupsen ständig die Leute an, die mir früher recht nahe standen, denen ich auch oft hinterhertrauere oder zumindest den guten Zeiten, die wir gemeinsam hatten, und doch sind es die Leute, mit denen ich keine Themen mehr habe. Aber zum Anstupsen reicht‘s! Und genauso wenig wie sie, bin ich nicht vergessen. Ist Anstupsen in diesem Sinne denn auch Gewissenserleichterung in Freundschaften, die man eigentlich nicht mehr führen will? So nach dem Motto, ich habe mich regelmäßig bei dir gemeldet, aber von dir hört man ja nichts?! Stimmt, früher habe ich noch zurückgestupst, heute geh ich gleich aufs Kreuz zum Löschen. Der Stupser lebt aber mit der Gewissheit, seine Pflicht zur Meldung erfüllt und nicht Schluss gemacht zu haben, obwohl er es eigentlich auch will. Oder ist das Anstupsen der letzte Versuch und die Hoffnung auf den ersten Schritt, sich doch wieder richtig was zu sagen zu haben? Wie scheiße ist es denn, wenn der Angestupste nicht reagiert, man quasi abgewiesen wird, nicht angestupst, sondern weggeschubst? In diesem Fall wäre die Ausformulierung ganzer Sätze vielleicht ratsam gewesen, denn ich bin zu dumm, um angestupst zu werden!! Wenn jemand mir wirklich etwas mitteilen will, dann wähle er doch bitte die konventionelle Variante. Denn nach dem Lesen der ganzen Beiträge im Netz, weiß ich ja nun, dass Anstupsen bedeuten kann, dass jemand mich grüßt, Sex mit mir haben will, mich knuddelt, wir alle schwul sind, niemand wirklich mit mir sprechen will oder dass ich schlicht und einfach belästigt werde UND ich bin einfach noch nicht soweit, zwischen all den Möglichkeiten zu differenzieren – und das, obwohl ich nahezu mein dreiviertel Leben in Schulen und an Universitäten verbracht habe. Bitte, sprecht in ganzen Sätzen. Und um einem jeden dies zu ermöglichen, ist mein Lieblingsbeitrag: Wie kann ich das Anstupsen bei Facebook deaktivieren?

Freitag, 12. August 2011

Marathon

Ich bin moppelig und habe keine Waage. Wozu auch? Meine Lieblingshose ist der beste Maßstab und die passt irgendwie nicht mehr. Das will ich ändern und hatte DIE Idee. Ich laufe einen Marathon. Das ist eine Herausforderung, die ich in meinem langweiligen Leben brauche und ganz nebenbei werde ich dann auch wieder in meine Hose passen. Denn klassische Diäten sind nichts für mich. Ich verfüge nicht über tausend verschiedene Gewürze, die man für die Zubereitung scheinbar aller Diätrezepte der Welt braucht, und ich will sie mir auch nicht kaufen. Ich arbeite auch nicht in einem Büro, wie wohl sonst alle Frauen, die Diätratgeber lesen, und sich immer in kleinen Döschen das jeweilige Tagesprogramm in kleinen Portiönchen für die Pausen zur Arbeit mitnehmen sollen. Außerdem ist mir dieser Diätkram zu kompliziert, zu zeitaufwendig und ich habe einfach keine Lust drauf. Das ist so lebensfeindlich und unpraktisch. Mal abgesehen davon, dass in mir neben einer mecklenburgischen Bäuerin auch eine Französin wohnt, die ordentlich ernährt werden will. Und wenn man einmal das Hungern versucht hat, muss man sich eingestehen, dass man dann gleichzeitig auch das Fernsehen aufgeben sollte, denn dort werden eigentlich ununterbrochen Lebensmittel beworben, die man sich im Zustand stärkster Bewusstseinstrübung durch Hunger am liebsten unter Androhung roher Gewalt von den essenden Freunden, die man eigentlich auch nicht mehr treffen sollte, erpressen will. Ich will nicht Größe Null. Ich will einfach nur nicht noch fetter werden und auch keinen Diabetes, keinen Herzanfall und ich will auch nicht das Leben verlängern, nur seine Qualität verbessern. Kurzum, ich will Spaß und weiter meine vielen Kaffees mit Kondensmilch zum Frühstück und meinen Weincocktail zum Feierabend. Das Problem ist nur, dass ich von Sport eigentlich genauso viel halte, wie von Diäten. Ich war schon in der ersten Klasse die Dicke, die doppelt so lange für die Umrundung des Sportplatzes brauchte, wie alle anderen. Ich lief quasi noch meine Runde, während meine Mitschüler sich bereits wieder umzogen. Ich bin auch eher der asthmatische Typ. Und letzten Sommer, als ich es schon einmal mit dem Laufen versuchen wollte, war ich so langsam, dass ich innerhalb einer Runde um den Appelhoffweiher zweimal von ein und derselben joggenden Oma überrundet wurde. Da bin ich dann ganz schnell nach Hause gegangen, wahrscheinlich schneller als ich eigentlich laufen kann. Aber dieses Jahr will ich vorbereitet sein. Darum bin ich mal wieder meiner Lieblingsbeschäftigung nachgegangen und habe alles im Internet recherchiert. Das war allerdings eher unfruchtbar und ich schneller abgelenkt und in sozialen Netzwerken unterwegs als mir mein Vorsatz erlaubt. Und bei dem Wetter soll man bestimmt auch nicht mit dem Laufen anfangen. Diesen Sommer ist Regenzeit. Ich habe seit Juni bereits Herbstgefühle und friere. Hätte ich nicht den eisernen Grundsatz frühestens ab Oktober zu heizen, ich würde jeden Abend die Heizung auf fünf drehen. Darum erst mal einen Tee. Glaub ich an Schicksal? Denn wieder ist es das Schild am Teebeutel, das mir einen Hinweis gibt: Wer sich viel zutraut, erreicht auch viel. Na, dann wohl Marathon!

Montag, 1. August 2011

Hausfriedensbrecher

Ich gebe zu, ja, es stimmt: Ich bin behindert. Obwohl ich eine Frau bin, wollen sich mir sogenannte Frauenzeitschriften einfach nicht erschließen. Geballte Werbung und dafür zahlen? Nee, danke. Auch die Begeisterung für Klatsch und Tratsch will sich bei mir einfach nicht einstellen, so verstehe ich auch Oh, die Polen, anstatt Dieter Bohlen. Während meine Freundin neben mir aufspringt und ihm schon folgt, da denke ich noch darüber nach, was genau an diesen Polen so besonders ist und vermute ihre Heimatverbundenheit dahinter, bis auch ich ihr folgend sehe, dass wir hinter Herrn Bohlen herlaufen, der kurz darauf aus dem Blickfeld verschwindet, in dem er in ein Riesengefährt steigt und davon braust. Wofür ich sonst nicht zahle, bin ich nun gelaufen – der Preis ist in beiden Fällen zu hoch.

Aber scheinbar ist Klatsch und Tratsch, eingedeutscht auch Gossip, unabdingbarer Teil des gesellschaftlichen Lebens. Versäumnisse hier sind fast so schlimm, als würde jemand feststellen, dass man nicht bei Facebook mitmacht.

Wie? Du hast noch nicht davon gehört, dass David Beckham sein Teil für eine Unterwäschewerbung hat vergrößern lassen? Die Wahrheit ist, doch, auch ich weiß über die Retusche Bescheid, denn selbst wenn ich TV und Zeitschriften meide, lese ich auf dem Weg zur Arbeit in der U-Bahn das Fahrgastfernsehen. Aber will ich das überhaupt wissen? Nein! Doch heutzutage ist das fast schon so schlimm, diese Informationen zu verweigern – genauso gut könnte ich behaupten, ich hätte keinen Schulabschluss. Das ist eine richtige Bildungslücke, immerhin handelt es sich hier um einen ganzen Wirtschaftszweig.

Unterm Strich einfach nur scheinheilig – wenn man montags unter dem Deckmantel des investigativen Journalismus‘ darüber berichtet, wie krank und schlecht der Magerwahn der Promis für sie selbst und das geblendete beeinflussbare Publikum ist; und dienstags im selben Magazin voll draufgehalten wird, wenn XY angeblich zu viele Hamburger gefuttert hat und eine Wölbung im Bauchbereich sichtbar wird, die mit bloßem Auge kaum erkennbar ist. Oh Gott, sie trägt Größe 36, wenn wir mal nicht kurz vor Armageddon stehen.

Ich bin wohl zu sehr wissenschaftlich veranlagt, als dass ich Berichte schauen könnte, ohne dass mir auffällt, dass sich dort innerhalb von fünfzehn Minuten drei Mal widersprochen wird, ohne dass es jemandem peinlich wäre, außer mir als Zuschauer. Wer hat denn eigentlich wann beschlossen, dass dummdreiste Boulevard-Reporter so tun dürfen, als seien sie der Nabel der Welt und hätten zu bestimmen, was und wer, wann und wie angesagt ist? Viel schlimmer noch, wann haben wir kapituliert und die Macht (speziell über uns selbst) an DIE abgegeben? Habe ich eine Wahl verpasst? Und was ist das überhaupt für ein Beruf? Nennen die sich überhaupt Reporter? Oder An-fremden-Leben-Schmarotzer? Hausfriedensbrecher oder Privatsphärezerstörer? Menschenwürdetreter? Und wer zum Teufel sind die armen Irren, die nichts lieber wollen, als getreten zu werden?

Auffällig in diesem Kontext ist ja auch die Diskrepanz zwischen eigenem Sein und dem, was man von anderen erwartet. Ist wohl dieselbe Störung, unter der auch die Kandidaten von Castingshows leiden, wenn sie dem Irrglauben unterliegen, singen zu können, dies aber nicht der Fall ist.

Oder unterliegen wir einfach alle dem zwanghaften Wunsch der Beurteilung, um uns selbst einordnen zu können? Ist nur der etwas Wert, der von einer Jury bewertet wurde? Hat nur der gelebt, der von anderen dabei beobachtet wird oder selbst beobachtet?

Mensch, bin ich froh, unter den lebenden Toten, so ganz ohne Zeugen und nur mit meinem inneren Parlament, das über meinen Hausfrieden bestimmt.