Donnerstag, 14. Januar 2016

Sick and Tired

 
Als heute Morgen das Lied "sick and tired" im Radio lief, musste ich heulen. Irgendwie machte es PLING und mir wurde total klar, dass ich auch sick and tired of always being sick and tired bin. Seit zwei Wochen laufe ich in Panik durch mein Leben, es könnte wieder da sein: Sie, die Krankheit, die mich vor fast 15 Jahren umgehauen hat.
Seit drei Jahren ist das Glas immer halb voll. Ich krieche auf dem Zahnfleisch. Egal, was ich tue. Und, ich habe alles getan. Alles, was mir einfiel, was Ärzte, die nichts finden, empfohlen haben. Ich habe mich von Nadeln durchbohren lassen, Homöopathie ausprobiert, die Ernährung umgestellt, mich von oben bis unten durchsuchen lassen, Vitamine eingeworfen, Sport getrieben. Wenn die Kraft für ein Leben begrenzt ist, dann bin ich an der Grenze. Ich fühle mich zermürbt. Alles, was helfen sollte, hat nur zusätzlich Kraft gekostet. Und, nun steht die Untersuchung an, die Gewissheit bringen soll, die ich auch will. Natürlich will ich, dass sie nichts finden. Aber was ist es dann?
Was habe ich, das mir seit 3 Jahren jegliche Kraft raubt, am Körper zerrt? In Zeiten der Selbstoptimierung muss ich wohl davon ausgehen, dass ich mich nicht optimal verhalten habe. Es wird ja stets suggeriert, dass es für jedes Problem eine Lösung gibt. Umdenken, umernähren, umsporteln und man ist ein vor Kraft strotzender Mensch, dem die Sonne nur so aus dem Arsch scheint, dass es andere Leute blendet. Nachdem ich diesen ganzen Scheiß ausprobiert habe, bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass das alles totaler Quatsch ist. Das Einzige, was man tun muss, ist seine Probleme zu lösen, sofern es in unserer Macht steht und nicht gegen unser Naturell zu leben, auf sich selbst, sein Bauchgefühl zu hören. Für manche Menschen ist Fleisch wirklich das Gemüse und Helmut Schmidt ist mit diversen, als ungesund eingestuften Verhaltensweisen, fast 100 Jahre alt geworden. Vielleicht ist es Glück, vielleicht Vorbestimmung, vielleicht Karma. An was man auch immer glauben mag. Ich glaube jedenfalls nicht mehr daran, dass wir als Mensch wesentlichen Einfluss auf bestimmte Dinge haben. Wir bilden uns das gern ein. Alles muss planbar sein, organisiert werden, abgesichert sein. Wir, die Besserwisser, die Allmächtigen. Das Leben lacht uns aus und ist nicht sicher, und wir können schon gar nicht unsere Zukunft bestimmen.
Diese Erkenntnis hat mich heute Nachmittag ebenso erleichtert wie bestürzt.
Bestürzt, weil man manchmal einfach die Arschkarte ziehen kann. Jeder spielt die Hauptrolle in seinem Film, doch gibt es eben auch Kurzfilme. Da erzählt mir meine Mutter heute am Telefon, passend zu meinem Zustand, sie habe eine Frau kennengelernt, die ungefähr in meinem Alter sei, zwei Kinder habe, nun das zweite Mal Krebs hat, erst Brustkrebs und nun einen Gehirntumor. Die Frau sei total nett. Ein Horrorfilm.
Erleichtert hat mich die Erkenntnis meiner geringen Einflussnahme, weil ich einfach nur sein muss, soviel Unsinnigkeiten los lassen kann und vielleicht kommt dann die Kraft zurück, die den Film noch ganz lang und supi macht. Action!