Sonntag, 29. April 2012

Konsequent sein, heißt aussterben

Drin ist, was draufsteht? Kaum. Theoretisch schön, praktisch der Griff ins Klo. Für Petra Mustermann und Otto Normal mit Durchschnittseinkommen und Durchschnittsfreizeit dürfte Bio weder erschwinglich noch zeitlich in den Alltag zu integrieren sein. Ganz davon abgesehen, dass Bio oft kein Bio ist. Das Bio-Huhn hat, wie seine Kollegen aus der Legebatterie, auch kein Gefieder und ab und an etwas Gift im Ei. Ein Pessimist und Spielverderber, wer sich darüber beklagen will, wo die Giftmenge doch den von der EU festgesetzten Grenzwert kaum überschreitet! Mutig, wer Käse verkauft, der frei von Gentechnik sein will. Wer kann denn heute noch gewährleisten, dass die Kuh, die gemolken wurde, nicht in Windrichtung eines genverseuchten Feldes stand und irgendetwas fraß, das bereits jenseits von Gut und Böse ist und bald die Weltherrschaft übernimmt?
Vegan und Vegetarisch leben, ist nicht gesund leben. Bestes Beispiel ist die PeTA-Website, wo man u.a. vegane Tütensuppen als Alternativen empfiehlt und allerhand anderes Kurioses (im Labor entstandenes) – aber wenigstens ohne Tier. Vegetarismus ist, so wie die meisten ihn rechtfertigen, doch eigentlich eine Frechheit den Pflanzen gegenüber und eine Ignoranz der Wissenschaft, die behauptet, auch Pflanzen hätten Gefühle, schließlich würden sie besser wachsen und gedeihen, wenn man sie hegt und pflegt und mit ihnen spricht. Und nun? Vegetarier, die im Supermarkt Käse kaufen oder Milch, versteh ich sowieso nicht. Leiden, die Tiere, von denen diese ist, denn nicht genauso wie die, die auf dem Grill landen? Ich wette, das sind dieselben!!! Erst abgezapft und dann geschlachtet.
Was heißt heutzutage eigentlich auch selbst kochen mit frischen Zutaten? Gegenwärtig scheint mir der ein oder andere Fernseh- bzw. Sternekoch doch eine recht freie Interpretation davon zu haben, was gesund sein soll. Hieß es soeben noch in einer Talkshow, frisch und selbst gekocht sei immer besser, ist das spätestens in der Werbepause vorbei, wenn genau dieser Koch dann eine Bouillon in die Pfanne schüttet, die aus einer Dose kommt, in der sie hätte noch Jahre verbringen können, ohne schlecht zu werden.
Hübsch ist auch Fair Trade. Mag ja sein, dass mancher Bewohner des Kontinentes Afrika nun fairen Lohn erhält, aber wie fair ist es denn, wenn für unsere Supermarktrosen und deren Zucht und Bewässerung afrikanische Seen leergepumpt werden und Flugzeuge Kerosin verschleudern, nur um die Blumen hier her zu karren?! Das kann zwar Fair Trade sein, aber langfristig ist es nicht Fair sondern lediglich Trade, wie auch die meisten Klamotten in unseren Schränken. Ob Baumwolle oder Polyester – eigentlich total egal. Wo ist da der Unterschied? Baumwolle voller Pestizidrückstände (wahrscheinlich von Kindern gepflückt und verarbeitet) oder kleingehäkelte Pfandflaschen aus Polyirgendwas.
Finger weg von allem! Denn so lange es ist, wie es ist, heißt Ideale haben und konsequent sein, aussterben. Das klappt aber auch mit Inkonsequenz. Die Frage ist nur, was schneller geht. Denn wie menschlich ist eine Welt, in der ich mir gestern eine Yogamatte (Ökotest SEHR GUT) bestellt habe, die heute zwar schon in meinem Wohnzimmer liegt, ich aufgrund ihrer Ausdünstungen mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit allerdings noch innerhalb der nächsten zwei Stunden meinen Inhalator benutzen muss?!

Montag, 16. April 2012

Nasser Regen

Bei dem schönen Wetter war der alte Greis nach dem Termin bei der weiblichen Ärztin am Vormittag gar nicht erst zurück in seine Wohnung gegangen, wo ihn ohnehin lediglich das Essensgericht vom Alte-Leute-Belieferungsdienst erwarten würde. Er wollte endlich mal wieder ein Einzelindividuum sein und als solches wahrgenommen werden. Nichts Seniorenteller! Heute gab es kaltes Eis in runden Kugeln, das durch manuelle Handarbeit gezaubert wurde. Herr Klein war jetzt ganz groß, nicht mehr der kleine Zwerg, der man ihm erlaubte zu sein. Er fühlte sich nach einer Ewigkeit wieder einmal wie ein großer Riese – ein unglaublich fruchtbares und belebendes Gefühl, längst vergessen geglaubt. In einer Demokratie (und nach 45 Jahren Arbeit) sei es ihm doch erlaubt trotz diverser Altersgebrechen unvernünftig zu essen. Was bleibt denn noch? Das Leben wird ja auch nicht schöner, wenn man es vernünftig lebt. Es macht auch keinen Spaß die Zeit hier zu verlängern, wenn man hier nichts machen (und essen darf), was Spaß macht (oder schmeckt). Schlussendlich wird er früher oder später eine tote Leiche sein. Gern auch früher, wenn es bis dahin zu leben lohnt. In diesem Sinne kaufte Herr Klein noch eine große Flasche alkoholischen Schnaps und ging stillschweigend in den Park, wo er im Stehen stand, als der weiße Schimmel an ihm vorbeigaloppierte. Bei diesem Anblick einer solch seltenen Ausnahmeerscheinung war es Herrn Klein ganz warm ums Herz und auch egal, dass er mittlerweile tropfte, weil es begonnen hatte nass zu regnen.