Ich gehöre zu den Menschen, die von Lady Gaga
gelangweilt sind. Ihre Musik erinnert mich an Eurodance aus den 90ern und
mindestens die Hälfte ihrer Klamotten habe ich auch schon mal irgendwo an
anderen gesehen, vermutlich an Madonna. Aber der Jugend kann man die Jugend
nicht vorwerfen. Für die ist das neu - für mich lediglich ein weiteres Indiz
doch nicht mehr 13 zu sein. Manchmal erfüllt mich so eine Sehnsucht. Von Kopf
bis Fuß verzehre ich mich nach 13. Das ist irgendwie in mir, ohne dass es noch
mal raus darf. Aber es will so gerne. Ich habe das Gefühl, ich bin oft nur
einen Steinwurf von dem entfernt, was ich sonst nur über andere lese. Seine
Wünsche und Handlungen stehen in keinem adäquaten Verhältnis. Das eigene
Vermögen und andererseits die Vorstellung und Wahrnehmung bezüglich der eigenen
Fähigkeiten stehen in keinem angemessenen Verhältnis. Was ist denn
angemessen? Ist es angemessen, wenn ich mein inneres Kind oder meine Phantasien
im Griff habe? Angemessen oder nicht: Wollen wir letztendlich nicht alle
dasselbe?
Die Sehnsucht in mir lässt sich nicht abstellen, doch
stirbt die Hoffnung nicht zuletzt? Vielleicht ist die Chance an sich schon
gestorben, aber so lange ich das Gefühl habe, sie lebt in mir, gehe ich dem
Licht entgegen. Oder ist es angemessen - angebracht - Träume aufzugeben? Und
wenn ja, wann ist der Zeitpunkt dafür?
Manchmal wünschte ich, ich würde es machen können wie
früher, da habe ich mit meinem Lippenkonturenstift meine Augen dramatisch
angemalt, so dass jeder Lehrer sagte, ich würde auch wirklich krank und schlimm
aussehen und dann durfte ich ohne Konsequenzen nach Hause gehen und den ganzen
Tag hatte ich zur freien Verfügung, während meine Mutter nichtsahnend arbeiten
war und meine Schwester in der Grundschule. Heute muss ich die Miete zahlen.
Eine eigene Wohnung ist das Ende der Freiheit, obwohl alle Jugendlichen denken,
da würde sie erst anfangen.
Als neulich mal wieder ein Friseurbesuch misslang und
meine Haare anstatt gesträhnt scheckig daher kamen und ich dann selbstständig
meine Kreativität am Pony auslebte, um den Schaden zu begrenzen, fand ich mich
danach richtig punkig und freute mich - bis mir einfiel, dass ich am Montag
wieder arbeiten muss und ich damit nicht konform genug aussehe. Konform für
einen Job, in dem es zwei goldene Regeln gibt: 1. Immer zuerst die Zuständigkeit
prüfen. Im besten Fall ist man nicht zuständig. 2. Wer viel nach außen gibt,
läuft Gefahr, auch viel zurück zu bekommen. Wann ist das passiert? Ich habe
die Revolution quasi für ein Paar Turnschuhe verraten! Nun bin ich sonntags
schon total genervt und steh spätestens um 10 auf. Sonst kann ich abends ja
nicht rechtzeitig einschlafen und komme am Montag nicht um 5:45 Uhr aus dem
Bett.
Wo ist die Liebe geblieben? Die Liebe an allem, für
alles. So wie ich meine beste Freundin geliebt habe oder den ein oder anderen
Popstar. Wo das Leben noch Leidenschaft und Poesie und die Vorstellung von dem
war, was ich vom Leben erhoffte. Hunger nach Leben. Bedeutung für andere. Wo es
nur schwarz und weiß gab, wo es keinen Unterschied zwischen dem Ende einer
Liebe und dem Ende der Welt gab. Manchmal macht sie sich bemerkbar. Ist sie
unsterblich? Zumindest ist es die Erinnerung daran und die erfüllt mich, wie
mich früher die Hoffnung erfüllte. Und darum habe ich in der Küche gerade ein
Take That Konzert gegeben und so richtig mein inneres Kind oder auch meine
innere Schlampe befreit.