Sonntag, 26. Februar 2012

Statistik

Ich folge ja der alten Weisheit, dass ich keiner Statistik glaube, die ich nicht selbst gefälscht habe. Aber neulich hab ich entdeckt, dass es zu meinem Blog eine Statistik gibt. Unter anderem ist dort aufgeführt, durch welche Suchbegriffe, die bei Google eingegeben wurden, die Leute auf meinen Blog stoßen: Nackte Dorfmädchen und Glatze. Also, Perverse und Verzweifelte. Und beide wahrscheinlich maßlos enttäuscht (noch verzweifelter!), besonders Erstgenannte, denn hinter all den Treffern nur leere Versprechungen! Das wohl erwartete Bildmaterial kann ich hier nicht liefern und damit will ich gar nicht dienen. Oder die Glatze… Wie gern würde ich in meinem Blog Ratschläge geben, diese zu verhindern! Aber hier findet alles nur aus Spaß an der Freude statt und daher ist ein jeder Beitrag eigentlich pädagogisch und lebenshilfetechnisch völlig unwertvoll – außer natürlich in Bezug auf die Dorfmädchen. Die habe ich pädagogisch wertvoll hier nicht abgebildet. Im Übrigen viel Spaß bei der weiteren Suche. Ich wette, das Internet ist voll davon, bloß eben nicht hier.

Donnerstag, 16. Februar 2012

Paula

Ich denke heute noch an Paula. Es gab viele Kinder, die mir leidtaten, die ich zumindest in Gedanken mit nach Hause nahm, von denen ich wusste, dass sie im Keller eingesperrt werden oder die Mutter vor ihren Augen mit Freiern rummacht. Kinder, die keine Geschenke zu Weihnachten bekommen. Von all diesen Kindern ist mir Paula auch nach über zehn Jahren am meisten im Gedächtnis. Klein, zierlich, große Augen, immer abgewrackte und viel zu große Klamotten, manchmal eine Spange im viel zu kurzen Haar, die Susi ihr überlassen hat. Susi, fünf Jahre älter, nicht weniger vom Schicksal gebeutelt und Platznachbarin am Pädagogischen Mittagstisch.

Und dann, an einem Montag, kam Paulas Schwester mit leuchtenden Augen zum Mittag. Paula hat so richtig den Arsch voll bekommen. Die Lehrerin hatte im Hausaufgabenheft darum gebeten, dass die Mutter ihr Brot mit in die Schule geben sollte. Paula hatte Hunger. Ich werd dir helfen, überall rum zu erzählen, dass du bei mir nix zu Fressen kriegst! Da setzte es ‘ne ordentliche Tracht Prügel, wie Franziska glückselig zu berichten weiß. War es die Freude, die aus ihr sprach, diesmal nicht selbst fällig gewesen zu sein?

Dann hatte Paula Läuse. Wir mussten sie nach Hause schicken. Am nächsten Tag kam sie wieder. Mit Glatze. Ein siebenjähriges Mädchen wurde den Abend zuvor mit Brennspiritus übergossen, heulte dabei erbärmlich, doch die Mutter wollte jede Laus abtöten, bevor sie der Tochter eine Glatze scherte, die sie selbst seit Knasttagen trug.

Wir haben nichts gesehen und gehört, bis das Fernsehen kommt und uns die Situation schon immer irgendwie komisch vorkam…

Sonntag, 5. Februar 2012

Freiheit 2.0

Was ist eigentlich Android? Ein Komet? Oder sind es Außerirdische, die die Bedienung von Kommunikationsgeräten für Erdlinge übernehmen? Letzteres käme mir sehr gelegen. Dann könnte der/die/das ständig für mich erreichbar sein, denn scheinbar ist das ein Must-have auf diesem Planeten, welches auch wieder spurlos an mir vorbeigegangen ist. So gelingt mir skandalöser Weise die totale Ignoranz gegenüber Mobilfunkgeräten, während eines Essens mit Freundinnen, mit denen man wahnsinnig gut philosophieren kann, und während dessen mir nicht im Traum einfallen würde an mein Handy zu gehen (welches in der Regel ohnehin auf lautlos und Nicht-Vibration eingestellt ist) oder einfach nur mal draufzugucken, ob wer geguckt hat. Diese Fähigkeit ist nicht jedem gegeben. Umgekehrt bin ich immer wieder mit Leuten konfrontiert, die keine Hemmungen haben mit anderen dauerzusimsen und Langzeittelefonate zu führen, während sie mit mir am Tisch sitzen. Ich muss sagen, da hab ich auch keine Hemmungen, neben Mobilfunkgeräten, demnächst diese Leute zu ignorieren. Da werde ich nämlich ganzkörperunlustig.
Leider nimmt mit zunehmender Dauer der Existenz von Immer-Erreichbarkeit auch der Bedürfnisaufschub der Leute ab. Wie kann es sein, dass ich nicht SOFORT und AUF DER STELLE erreichbar bin? Es geht nicht etwa um einen Notfall, nein, allein um die Tatsache, dass ich weder Tiffy (mein Festnetztelefon) noch mein Handy abnehme. Muss nun die Polizei angerufen werden? Oh Gott, was nicht alles passiert sein könnte. Mandy ist seit ca. zwei Stunden unerreichbar!! Ist sie von der Teppichkante gefallen?
Nein, ist sie nicht. Während andere Menschen sich mit Zeitfressmaschinen beschäftigen, beschäftige ich mich mit dem (Fr)Essen an sich und trinke ein gutes Glas Wein dazu, schwadroniere über den Unterschied von Tasse und Becher, der längst nicht allen bekannt ist, und träume von der Wiederentdeckung des konventionellen Postweges.