Dienstag, 15. Januar 2019

Analog in Digital


Mein Verhältnis zu den sozialen Medien und elektronischen Kommunikationsformen ist – diplomatisch ausgedrückt – eher ambivalent. Ich erkenne durchaus den ein oder anderen Vorteil, aber unterm Strich berührt es mich nicht. Ich fühle mich zum Beispiel nicht angesprochen, wenn Menschen zu Weihnachten in ihren Status bei WhatsApp schreiben, dass sie allen schöne Feiertage wünschen. Ich bin total altmodisch, schreibe Weihnachtskarten und liebe es. Allen meinen Freunden einen guten Rutsch - Ja, das lese ich zwar, aber es bleibt hohl und unromantisch. So keine Mühe gebend, es sich und anderen schön zu machen.
Ich hab auch erst seit zwei Jahren ein Smartphone. Ich fühl mich heute noch nicht smart genug, es zu beherrschen. Die ersten Wochen wollt ich einfach nur drauftreten und es schnellstmöglich wieder los werden. Ich hab mir das angeschafft, als es im Kindergarten auf einmal hieß, dass alle Informationen nur noch über eine WhatsApp-Gruppe verbreitet werden. Und, selbst dann hab ich ein halbes Jahr gewartet. Irgendwann war mein Kind dann das arme Kind von der komischen Frau, die nichts mitkriegt und sich einfach nicht mit den anderen verbinden will. Ich hatte es bis dahin ja auf die für mich natürliche Weise versucht und Menschen direkt angesprochen. Tja, seit zwei Jahren bin ich sprachlos in dieser Gruppe und der Informationsgehalt liegt bei etwa 1,57 %.
Ich glaube, ich habe mich als analoger Brocken im digitalen Labyrinth verirrt.

Dienstag, 8. Januar 2019

Damenqual


Abends, wenn das Kind schläft, dann googelt man ja schon das eine oder andere oder bleibt bei Fernsehsendungen hängen, die man sonst nicht geguckt hat und in letzter Zeit – es liegt in der Natur der Sache – blieb ich häufig beim Thema Alleinerziehende hängen. Und, früher oder später wird dann immer die Frage gestellt, was sich verbessern muss, damit es für Alleinerziehende besser wird. Ich finde ja, dass die Frage schon mal doof ist, weil es auch für traditionelle Familien nicht super ist und läuft. Aber gut, steht auf einem anderen Blatt.
Jedenfalls ist mir aufgefallen, als ultimative Lösung für alle Probleme, wird immer der Ruf nach dem Ausbau der Kinderbetreuung laut. Sie muss flexibler werden und ist überhaupt die Antwort auf eine jede Herausforderung im Leben mit Kind oder Kindern.
Theoretisch ist das ja toll, praktisch würde es mein Leben als Mutter nicht verbessern, weil das nicht den Vorstellungen entspricht, die ich vom Muttersein habe. Das sind theoretische Lösungen, die so gar nicht zu meinem praktischen emotionalen Erleben passen.
Ich will mein Kind gar nicht krank in der Kita abgeben, obwohl ich neulich von einer Einrichtung gehört habe, die sogar Kinderkrankenpflege anbietet. Ich will mein Kind auch nicht noch früher hinbringen oder später abholen, nicht da übernachten lassen und was weiß ich. Bei mir ist es eher ein Mangel an Dorf, Familie, an Netzwerk; ich hadere mit dem Opfer, dass wir für die Industrialisierung gebracht haben: Ich will nicht immer noch mehr Fremdbetreuung – im Gegenteil, ich würde gern mehr Zeit mit meinem Kind verbringen. Als Mensch fehlt mir einfach das Menschliche. Und das ging mir auch schon so, als ich – zumindest theoretisch – noch nicht alleinerziehend war.
Die Lösungen sind alle politisch und auf das gesamtgesellschaftliche Funktionieren ausgelegt. Da ist kein Platz für Emotionen, Spiritualität, Liebhaben, Familie; da geht es um Fachkräftemangel und wie Frauen genauso Karriere machen können wie Männer.
Familie oder Karriere? Wieso entweder oder, wenn doch beides geht. Will man uns vermitteln. Vielleicht geht sogar beides, aber man zahlt einen Preis dafür.
Und, heute als Alleinerziehende geht’s mir nicht anders, als damals in einer Beziehung lebend. Ich muss Miete zahlen, das Kind ankleiden, Kitagebühren aufbringen, ernähren und was eben so bezahlt werden muss. Der Monat ist lang, das Geld bleibt kurz. Und da ist das Problem. Ich muss arbeiten. Und, wenn ich ehrlich bin, will ich es gerade nicht. Doch das darf man irgendwie nicht sagen. Das kommt in den Diskussionen überhaupt nicht vor. Ich bin ja selber irritiert.
Das Kind ist nur einmal so alt wie es jetzt ist, das Leben ist jetzt und nicht später.
Das Kuriose ist, ich war mal eine totale Verfechterin von Es-geht-alles-und-ist-überhaupt-kein-Problem. Ich komme aus der DDR. Da ging das immer und war so. Dann bin ich ausgebildete Erzieherin und von daher sowieso total überzeugt, dass Kindergärten super sind.
Und, dann wurde ich selbst Mutter und irgendwie will das durchstrukturierte Wegplanen des Kindes um selbst zu arbeiten überhaupt nicht in mein (Gefühls-)Leben passen.
Und, je strapazierter ich gerade vom Job bin, je höher sich der Abwasch stapelt (so wie die Rechnungen), je lauter meine Realität wird und je müder ich werde, desto größer wird der Wunsch, mein Kind einzupacken und mir eine Hütte im Wald zu bauen. Fernab von all dem Scheiß, von einer Kita, die ich nicht will und die mein Kind besucht, damit ich einen Job machen kann, den ich schon lange nicht mehr toll finde, in einer Stadt, in der ich so einsam bin, dass ich von Zeit zu Zeit das Gefühl habe, unterzugehen. Es kommt mir alles total unnatürlich vor. Sinnlos. Falsch.
Und, obwohl ich mich dafür total verabscheue, weil es mir im Grundsatz widerstrebt, kommt mir in solchen Momenten die traditionelle Aufteilung (Frau verantwortlich für Haushalt und Kinder und Mann der Ernährer) total attraktiv vor. Dabei weiß ich genau, dass ich auch dann durchdrehen würde, weil ich immer gern gearbeitet habe und mein eigenes Geld zu schätzen weiß. Das Problem ist ohnehin, dass ich mich nicht unterordnen kann und will. Letztendlich wäre es, dauerhaft gelebt, eine Verschwendung von Potenzial. Ich hasse Verschwendung. Aber eine Weile könnte ich es aushalten. Denn ein Kind großzuziehen, ist schon ein Job. Und, alles zu schaffen, allein, ohne Hilfe, ist eine Illusion, genauso wie die Idee, dass der Ausbau der Kinderbetreuung an der Problematik etwas ändern würde. Es bleiben zwei Jobs. Kind und Erwerbsarbeit. Und, ich finde es auch unehrlich immer zu fordern, denn das ist oft der zweite Lösungsvorschlag, dass Arbeitgeber einfach flexibler sein müssen und andere Arbeitsmodelle anbieten sollen. Das nützt mir persönlich auch überhaupt nichts. Wie viele andere Frauen arbeite ich im sozialen Bereich und der beinhaltet den Umgang mit echten Menschen, die ich nicht flexibler betreuen, pflegen oder im Home-Office versorgen kann.
Wahrscheinlich entspringt die Faszination der Versorgerehe einer Verzweiflung, meiner Verzweiflung. (Und verzweifelt wäre ich ja dann auch, wenn der Versorger verschwindet und ich dann dumm und unversorgt dastehe.)
Aber, wenn der eckige Pflock nicht ins runde Loch passt, wenn Verstand und Herz kämpfen, wenn das ganze Leben nur ein scheiß Kompromiss ist, wenn man das Gefühl hat, dass man gar nicht sein Leben lebt… Ja, dann bekomme ich immer so tolle Ideen.
Einfach, weil nicht annähernd eine realistische Lösung am Horizont zu erblicken ist. Ich kenn das schon aus anderen Bereichen. Wenn mein Job phasenweise so anstrengend ist und ich z.B. an einer Schafherde vorbeifahre, dann kommt es mir mega attraktiv vor, Schäferin zu werden.
Wenn ich Hunger habe, hatte ich schon öfter die Idee DAS Café, Bistro oder Restaurant zu eröffnen…
Ja, liebe Leute, ihr habt es erfasst. Mir ist gar nicht zu helfen. Denn, wenn mir alles zu viel wird, bin ich auch die Prinzessin, die darauf hofft, dass bald der Prinz auf seinem scheiß Gaul vorbeikommt. Zumindest heute. Mal ganz kurz.