Mittwoch, 2. März 2022

Verantwortung

Ich gebe zu, ich bin eher Team Valium statt Team Vertrauen, Team Kopf statt Bauch. Ich wünschte, es wäre anders. Gerade jetzt. Überrollt. Ohnmächtig. Panisch. Das alles sind keine guten Ratgeber und Handlungsgrundlagen oder die Festung, auf der man ein Kind gesund da durchbekommt. Verzweiflung, Dummheit, weder Verstand noch Anstand.

Und ich stelle auch fest, dass meine Spiritualität nicht soweit reicht, dass ich die mir angepriesene global peace meditation als adäquates Mittel annehmen kann.

Ich bin verwirrt. Und auch nicht schlau genug, mir eine fundierte Meinung zu bilden oder Geschehnisse beurteilen, Informationen einordnen zu können.

Ich verstehe nicht, warum bestimmte Sanktionen nicht in Frage kommen, um den Wohlstand nicht zu gefährden. Keine Ahnung, ob das so ist und ob die grundsätzlich überhaupt was bringen würden, aber bei allen Abwägungen und Überlegungen ist mir mein eigener Wohlstand gerade mehr als egal. Ich bin irritiert und mir ist gerade nicht klar, ob ich angewidert oder fasziniert sein soll von der unermesslichen Ekelhaftigkeit der Menschen, sowohl auf der einen als auch auf der anderen Seite. Wenn es dem Frieden dient, würde ich im Winter frieren und überall zu Fuß hingehen, sollten Energieträger fehlen. Denn was nützt der scheiß Wohlstand, wenn alles untergeht? Sich an Material zu klammern, ist bereits das Gegenteil von Wohlstand. Es ist wie mit dem Umweltschutz: Ja, schon, aber es darf damit keine Veränderung einhergehen; also ich möchte mein Kind schon noch weiter mit dem Panzer die 300 Meter zur Schule fahren und Kosten darf es auch nichts.

Die meisten von uns erleben nun zum ersten Mal tatsächlich, dass Leben immer lebensgefährlich ist, dass unser fettes Leben keine Selbstverständlichkeit ist, dass wir eine Verantwortung tragen, die wir auch annehmen und übernehmen müssen, dass wir das während unserer pathologischen Selbstbeschäftigung schleifen lassen haben, wenn nicht sogar abgelehnt und mit Füßen getreten und lieber selbstoptimiert haben, während wir unsere Jobs gekündigt und im VW-Bus Europa bereist und anderen Menschen gute Ratschläge für ein tolles freies Leben gegeben haben, werbefinanziert.

Nichts von alldem nützt der gesellschaftlichen Stabilität oder der globalen. Nichts. Und nun sitzt man da: Sprachlos, machtlos, ohne Antworten.

Schlaue Menschen sagen, man muss im Kleinen anfangen, bei sich und in sich Frieden stiften. Und das darf man dann nicht für sich behalten. Das Größte, das mir im Kleinen möglich war, ist den Newsticker auszustellen, das Handy auszuschalten, TV und Social Media ignorieren und stundenlang mit meinem Kind zu spielen. Und dann diesen dummen Text zu schreiben.