Montag, 30. September 2013

Tote Hose

Gerade hat sich die Finanzberaterin Inge beim Radiosender meiner Wahl Die Toten Hosen gewünscht. Wer hätte denn vor zwanzig Jahren darauf Wetten abgeschlossen? Und bedeutet dies, dass bei den Toten Hosen nun auch tote Hose ist? Insgeheim habe ich ja schon länger den Eindruck, dass sie - na ja, sagen wir mal - eher nach Pur klingeln als nach Punk. Der geht jedenfalls nicht mehr ab, wovon ich mich eben dann auch noch einmal überzeugen durfte, denn Inges Wunsch wurde erfüllt. Ist das jetzt gut oder schlecht? Der normale Lauf der Dinge? Erwachsenwerden? Immerhin hätte ich - vor dem Schlafzimmerspiegel meiner Mutter stehend und mit der Stopfnadel meine Ohren durchbohrend - auch niemals gedacht, dass ich eines Tages regelmäßig morgens (!) aufstehen würde und einer Erwerbsarbeit nachgehe und der einzige Protest darin besteht, einmal im Jahr vor dem Schlafengehen das Zähneputzen zu vergessen. Spaß macht das jedenfalls nicht. Genauso wenig wie das Lied, das ich eben von den Hosen im Radio gehört habe.

Sonntag, 15. September 2013

Morgen, ohne guten


Wie man es sich als neue Nachbarin gleich mal so richtig verscherzen kann, darin erprobt sich gerade die Frau, die über mir einziehen will. Aaaaahh. Der Sonntagmorgen jedenfalls stand ganz im Sinne der Schadensbehebung. Wie eigentlich schon die ganze letzte Woche.

Es fing damit an, dass ich irgendwann abends mal gesehen hab, dass hinter dem Fernseher eine Menge kleingerieselter Putz liegt. Ohne irgendeine Erklärung, wo der jetzt herkommt. Menschen mit meiner Anlage zum Kopfkino denken natürlich gleich an Monsterinsekten, die die Wand zersetzen oder ähnliches. Aber kein Surren oder Flügelschlag zu hören. An der Decke nichts zu sehen. Gut, weggewischt und erst mal ein paar Tage nichts.

Am Donnerstag war es wieder da, das Häufchen. Am Freitag stellte ich fest, dass es auch in der Küche eins gibt. Am Samstag stand im (ich nenn es mal...) Mehrzweckzimmer eine Pfütze. Als jemand, der beruflich mit psychisch kranken Menschen arbeitet, war mir da sonnenklar: Jetzt hab ich es auch, eine noch nicht näher definierte psychische Störung. Denn ohne jegliche sinnvolle Erklärung sehe ich Dinge, die nicht sein dürfen, nicht wahr sein können. Es beunruhigte mich, aber nicht so sehr, als dass ich nicht richtig gut und lang geschlafen hätte.

Doch als ich heute Morgen vom Bett auf das Sofa im Wohnzimmer wechseln wollte, da hörte ich es rieseln. Es kam aus der Decke, an der Stelle, wo die Heizungsrohre durchlaufen, und wäre es nur der Putzriesel gewesen, hätte ich mich wohl gefreut, aber diesmal kam auch noch so etwas wie eine graue Brühe raus. Nicht viel, aber genug, um mich anzukotzen. Daraufhin sah ich mich gezwungen, mich anzuziehen, was ich sonntags eigentlich nicht vor dem Mittag tue, und mich der neuen Nachbarin vorzustellen. Geöffnet hat allerdings ein junger Mann, offensichtlich zur Renovierung der Butze angeheuert, der mir erklärte, dass es ihm sehr leid tue, aber man versuche, die Raufaser von den Wänden zu reißen und dafür wohl u.a. auch zu viel Wasser an die Wände gespritzt hat. Er werde sich jetzt vorsehen. Das will ich ihm raten! In Anbetracht meiner zahlreichen Neurosen ist ein Zustand, in dem es möglich ist, dass jederzeit wieder etwas herunterrieseln oder tropfen kann, nicht lange auszuhalten und könnte doch noch dazu führen, dass ich die schwere psychische Störung auspräge, die ich die letzten Tage bei mir schon vermutet habe.

 

Samstag, 7. September 2013

Anti-Well

 
Heute Morgen fand ich ihn. Gesucht habe ich natürlich etwas völlig anderes, nicht den Gutschein fürs Spa. Wenn ich ehrlich bin, habe ich nicht mal eine konkrete Vorstellung, was ein Spa überhaupt sein soll. Ich weiß auch nicht, was Menschen in einem Wellness-Urlaub machen. Das hört sich immer ganz nett an, aber wenn ich es mir genau überlege, habe ich Angst davor, dass man ständig irgendeinem Programm unterworfen ist (ich höre immer Anwendungen), was für Entspannung sorgen soll, bei mir dann aber das Gegenteil bewirken würde. Ich habe von meiner Schwester vor einigen Jahren zum Geburtstag mal einen Gutschein für Wellness bekommen und habe mir dafür eine Massage ausgesucht, weil ich mit allem anderen auf der Liste noch weniger anfangen konnte. Was soll ich sagen? Ich fühlte mich total anti-well. Die Frau, die massierte, war mir nicht sonderlich sympathisch und hat mich von oben bis unten eingeölt, inklusive Haaransatz - mit dem Resultat, dass ich nach 1,5 Stunden körperlicher Totalanspannung, die ich im Papierschlüpfer auf der Liege verbrachte, begleitet von krampfhaften Gesprächsversuchen der Massierenden, dann mit triefend fettigem Haar das Gebäude verlassen musste. Duschen war nicht. Nur für Mitglieder. Ich fühlte mich in diesem Zustand nicht in der Lage öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und klingelte bei einer Freundin, die zum Glück in der Nähe wohnte und zu Hause war, mit der Bitte schnell mal duschen zu dürfen. Ein Jahr später bekam ich von einer Freundin wieder so einen Gutschein - weil ich Erholung so dringend nötig hätte. Ja, darunter versteht wohl jeder etwas anderes. Mit mir jedenfalls nicht nochmal. Und so liegt er immer noch unbenutzt hier rum, steht im Weg und hindert mich daran, das zu finden, was ich eigentlich suche.

Montag, 2. September 2013

Sachverständig nichts verstanden


Manche Dinge versteh ich einfach nicht. Heute, zum Beispiel, da donnert mir eine Kollegin einen neuen Fall auf den Tisch. Natürlich eilig. Um zu prüfen, wie eilig es denn wirklich ist, hab ich schon mal die Akte quergelesen. Ich zitiere aus einem Gutachten, für das sich die Begutachtende stattlich bezahlen ließ: Ein zutraulicher, insgesamt aber verunsichert wirkender Hase, welchen sie vor einem Monat auf dem Fischmarkt gekauft habe, saß unter ihrem Schrank.

Also, das wirft doch einige Fragen auf! Wieso begutachtet die beauftragte Ärztin denn das Haustier des Menschen, den sie eigentlich untersuchen soll? Ich muss noch hinzufügen, dass es keinesfalls nur bei diesem einen Satz blieb. Dem Hasen wurden von fünf Seiten des Gutachtens eineinhalb gewidmet, ohne dass sich mir ein Sinn erschließt, schon gar keiner, der zielführend auf die Beantwortung der Fragestellung zusteuert, nämlich den Hilfebedarf der Person aus medizinischer Sicht einzuschätzen. Und wie soll ich mir denn bitte einen Hasen vorstellen, der sowohl zutraulich als auch verunsichert ist? Also, wenn irgendjemand so einen Hasen hat, der über diese Fähigkeit des Multitaskings verfügt, den bitte ich dringend um Übersendung eines Beweisfotos.

Was mit der armen Frau ist, um die es geht, werde ich morgen mal selbst überprüfen. Bei dem Hasen jedenfalls liegt weder Fremd- noch Eigengefährdung vor. Da bin ich schon mal beruhigt.