Donnerstag, 20. September 2012

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es

Politik ist nicht unbedingt meins und ich habe auch keine Ahnung. Ich verstehe die Verklüngelungen nicht und erfasse ebenso wenig komplexe politische Zusammenhänge, aber ich verstehe, wenn jemand eingesperrt wird, nur weil er seine Meinung kund getan hat. Und ich weiß, was Unrecht ist - und Dummheit. Und da wird das Private dann sogar politisch. Besonders, wenn man in einem Land geboren wurde, das es inzwischen zwar nicht mehr gibt, aber das auch so zu funktionieren glaubte. Ein Irrglaube. Und heute für die meisten schon so lang her, dass es selbstverständlich ist,  sich auszudrücken - auf welche Art und Weise auch immer. Gern erschöpft sich das auch in unendlichem Gejammer. Aber von welch unschätzbarem Wert das eigentlich ist, vergesse ich im Alltag. Dabei musste ich noch als Grundschülerin in der POS Friedrich Engels Kampfspiele im Wald absolvieren und durch verräucherte Areale robben - nur falls der Ernstfall eintritt und der Imperialist und Aggressor angreift. Wir müssen ja vorbereitet sein und unsere sowjetischen Freunde unterstützen. Und vergiss nicht, dass du die Mainzelmännchen nicht kennst und auch nicht weißt, was eine Barbie ist, denn Westfernsehen hast du noch nie gesehen (falls die Lehrerin mal fragt)! Die meisten unserer Eltern wollten Veränderungen, wollten nicht mehr eingesperrt sein, wollten sagen können, was sie wollen. Was haben wir daraus gemacht? Nichts. Es gibt immer noch viel zu tun, sind es auch andere Themen. Demokratische Möglichkeiten, die man einst so herbeigesehnt hat, werden kaum genutzt, was wiederum die Gefahr birgt, dass sie eines Tages verschwinden. Macht Freiheit lethargisch? Und hält wirklich nur die Diktatur den Freiheitssinn lebendig, wie es Sigmund Graff mal gesagt haben soll?
Und warum nutzen wir unsere Freiheit nicht, um anderen zu helfen, die diese Freiheit nicht haben? Redet eigentlich noch irgendjemand über Pussy Riot? Als das Thema frisch war, bemalte sich doch sogar Madonna mit Parolen zur Freilassung. Und nun? Alles vorbei? Die Revolution hat mal wieder nur für eine Schlagzeile gereicht. Nicht auszudenken, was ich heute wäre, wenn die Mauer nicht gefallen wäre. A) Mutter von drei Kindern und Sekretärin in der LPG, B) Lehrerin und Parteimitglied, C) inhaftiert, D) Spitzel?? Von solchen Gedankenexperimenten halte ich eigentlich nichts, denn sie blieben hypothetisch. Theoretisch will jeder auf der richtigen Seite stehen, praktisch kann man trotzdem das Böse unterstützen.