Sonntag, 26. August 2012

Mein Wort zum Sonntag

Sonntag und ich - wir konnten uns noch nie leiden. Ich glaube, es reicht nicht mal zu einer Hassliebe. Natürlich liebe ich es, dass Sonntage in der Regel frei von Erwerbsarbeit sind, aber ich hasse es umso mehr, dass der Tumor einer ganzen Woche Erwerbsarbeit so deutlich vor mir liegt. Sonntags bin ich unruhig. Unruhig, weil ich weiß, dass die Freizeit, die ich noch einen lieben langen Tag habe, nicht annähernd ausreichen wird, um all das zu schaffen, was ich im Laufe der Woche vor Erschöpfung nicht geschafft habe, und was ich in meinem bisherigen Leben nicht geschafft habe, aber unbedingt noch machen und Sonntag anfangen will. Nicht nur das Leben ändern, sondern auch das Ändern leben.
Aber dann ist Sonntag meist einfach der Tag des Abschiedes. Wenn man Besuche macht, fährt man in der Regel sonntags zurück, weil das Monster Arbeitswoche zu Hause auf einen wartet. Mein mir vertrauter Lebensabschnittsgefährte verabschiedet sich ebenfalls sonntags. Und mit jedem Sonntag wird mir deutlicher, dass wir in sieben Wochentagen gerade mal zwanzig Stunden zusammen verbringen, wovon wir ca. elf Stunden schlafen. Wie lange ist man bei Umsetzung eines solchen Beziehungskonzeptes überhaupt in der Lage vertraut zu bleiben?
Und spätestens Sonntagabend wird es auch der Abschied von allen Plänen, die man gemacht hat. Denn - wie wusste John Lennon schon - Leben ist das, was passiert, während man andere Pläne macht. Es bleibt die Feststellung, dass das Wochenende wieder vollgestopft war, vorrangig mit Nützlichkeitsdingen und Pflichtterminen.
Und Sonntag soll auch der Tag des Herrn sein. Das passt, denn alle Kirchen, die ich kenne, sind  eher depressiv - so wie ich am Sonntag. Die Erlösung (wenn wir hier schon mal religiös angehaucht sind) erhoffte ich in einem sonntäglichen Yogakurs. Zunächst lief das auch wie am Schnürchen. Ich kam runter, profitierte sogar noch montags davon und manchmal am Dienstag. Aber nun... Pustekuchen.
Meine Abneigung gegenüber dem Sonntag und meine Unruhe, die sich dann ins Unermessliche steigert, verhalten sich proportional zu meiner grundsätzlichen Unzufriedenheit. Das habe ich letzte Woche festgestellt. Nix mit yogischer Entspannung. Ich war kurz davor Möbelstücke zu zerlegen, so aggressiv wurde ich allein bei den Ansagen meiner Yogalehrerin in der Meditationsphase. Von wegen Kieferentspannung oder nachspüren. Alles, was ich spürte, war unbändige Lust irgendwo draufzuprügeln, etwas zu zertrümmern oder laut loszuschreien. Und nach der Yogastunde, an der Bushaltestelle wartend, mutierte ich dann erst recht zum Grinch. Jedenfalls ging mir das verliebte (ebenfalls wartende) Pärchen total auf den Geist. Und dann diese Knutschgeräusche. Können die das nicht zu Hause machen?
Ich weiß auch nicht, aber wenn Sonntag ein Ruhetag ist, dann mache ich was falsch. In mir arbeitet es unaufhörlich. Aber das liegt wohl nicht am Sonntag, sondern vielmehr an mir!?