Die Tussi in mir war bis ca. 14 Uhr sediert,
doch während einer Busfahrt wurde sie irgendwie intubiert und so stark beatmet,
dass sie quasi auferstanden ist und mich zum Friseurbesuch drängte. Scheiß
gespaltene Persönlichkeit! Habe ich mich bisher über den Typen lustig gemacht,
der einen Biber erschlagen hat und ihn nun auf dem Kopf trägt, während er im
öffentlich-rechtlichen Fernsehen Schunkel-Sendungen präsentiert, so kann ich
dazu heute nur sagen: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!
ODER: Was dem einen sein Biber, ist der anderen ihr Fuchsschwanz. Dabei sagte
die Friseurin, nachdem sie mir die Haare gewaschen hatte, ganz laut und
deutlich: Ich habe verstanden, dass sie
die Haare sehr viel kürzer haben möchte und wieder einen Pony wollen. Ich
bestätigte. Sie nahm die Schere in die Hand und hielt sie an meinen Kopf und
fragte: So lang etwa? Und ich: Ja, genau so. Die Schere befand sich
ungefähr auf Kinnhöhe. Und ich: So völlig zufrieden, ganz in der Hoffnung
jemanden gefunden zu haben, der mich versteht. Ein Vergnügen von kurzer Dauer,
denn wie immer: Wirklich??? Wieder
die unterschwellige Weigerung zehn Kilo Haar zu entfernen! Oder müssen Friseure
aus rechtlichen Gründen so genau nachfragen, weil andere Frauen zimperlicher
sind und um den Erhalt eines jeden langen Haares kämpfen? Ich sehe mein Haar
als nachwachsende Ressource und es hat mich noch nie enttäuscht. Enttäuscht bin
ich lediglich wieder vom Ergebnis. Ich habe weder einen Pony noch sind die
Haare sehr viel kürzer, aber nun kommen wir zum Stichwort Fuchsschwanz: In der
Rückansicht sieht es aus, als hätte mir diesen jemand angeschweißt –
neudeutsch: Extremstufenschnitt! Gleichzeitig frage ich mich, ob das nicht auch
eine Form eines Extrem-VoKuHiLas ist, den ich in normaler Version schon als
Kind der 80er abgelehnt habe.
Nein, verstanden haben wir uns nicht.
Vielleicht drücke ich mich unklar aus? Bin ich zu zurückhaltend in der
Artikulation meiner Erwartungen? Andererseits will ich durch eine überhöhte und
aggressiv vertretene Anspruchshaltung auch nicht Gefahr laufen, dass die
Friseurin sich beim Schnitt an mir rächt. Es gibt schlimmere Muster auf dem
Kopf als das, was ich nun trage.
Mein Beruf lebt von Kommunikation und bei der
Arbeit ist mir meine Unfähigkeit dazu nie aufgefallen. Vielleicht hätte ich
nicht in allen Semestern schlafen sollen, in denen es ums Miteinander Reden ging. Gleich nachher werde ich mal meine alten
Unterlagen raussuchen und erforschen, wie das so läuft - mit Sender und
Empfänger und dem inneren Team. Also,
was mein Team und ich als Sender will, ist mir schon klar, aber scheinbar kann
ich es dem Empfänger nicht verklickern. Und der nächste Friseurbesuch kommt
bestimmt. Zwar nicht so schnell, aber beim nächsten Mal, in so ein bis zwei
Jahren, möchte ich wirklich verstanden werden! Und wenn mir das Leben Zitronen
gibt, mix ich mir jetzt die Limonade und freu mich darüber, dass sie es wohl
gut gemeint hat und ich zumindest Neid für meine Haarsubstanz und mein Haar im
Allgemeinen geerntet habe. Und dann überleg ich mir, welche Mütze ich morgen –
trotz hochsommerlicher Temperaturen – trage.