Ich
weiß nicht, was mich dazu trieb. Langeweile, weil ich aufgrund eines bisher
nicht näher bestimmbaren Infektes, der möglicherweise ansteckend ist, aus dem
Verkehr gezogen wurde, oder war es einfach der Anblick von Ozzy Osbourne
vorletzte Nacht, der Anblick von Dekaden langer Drogensucht, der mich selbst
stoned werden ließ? God bless Ozzy Osbourne!
Ich fand es plötzlich jedenfalls eine tolle Idee eine
andere Persönlichkeit anzunehmen und diese auf Twitter zu präsentieren. Na ja,
wenn man es genau nimmt, eine Person ohne Persönlichkeit: Top it girl. Dieser
Name ist mir auf Toilette eingefallen, weil es ja einerseits wirklich die
Krönung ist und andererseits unbedingt it girl enthalten sein sollte. Zuvor
hatte ich gerade einen Artikel gelesen, in dem es darum ging, wie sehr die
Buchindustrie lügt, um Bücher zu verkaufen. ("Filmrechte schon an 20th
Century Fox verkauft" oder "New York Times Bestseller" - Es
versteht sich von selbst, dass auf meinen Blog beides zutrifft ;)) Mit it girl
verkauft sich im Moment ja scheinbar alles. Kann ich mich selbst verkaufen?
Meine Oma hat schon immer gesagt, dass die Leute beschissen werden wollen. Na,
dann mal los!
Ich hatte mich noch kaum angemeldet, sprich den Namen
eingegeben, da hatte ich schon drei Follower. In den ersten zehn Minuten kam
ich bereits auf vier. Ich folgte schnell mal allen Dummbratzen, die girls sind
und mit it (was auch immer das ist) Geld verdienen, also allen, die ich
verabscheue. Ich zündete ein Feuerwerk der Belanglosigkeiten, gab mich als ‘columnist,
blogger, traveler‘ aus und lud dazu mal ein schönes Palmenbild für den
Hintergrund hoch und eins mit wallender blonder Mähne am Meer als Profilbild.
It's never too late to live your dreams. Selbstverständlich wohne ich sowohl in
den USA als auch in Germany. Und, was soll ich sagen, ruckzuck folgten mir
Menschen aus Idaho und Kentucky, die aussehen wie Tripel-Versionen von Daniela
Katzenberger. Oder Bobbi aus Schottland, wo ich gar nicht so genau weiß,
welchem Geschlecht er/sie/es angehört - sieht n bisschen aus wie Tokio Hotel.
Ich tweetete mich in Rage. Yeah! I like it! I have fun! Ein bisschen schizophren, denn ich war auf einmal top
it girl und kurz davor mir die Nägel machen zu lassen und zum
Friseur zu gehen und Bilder davon zu posten. Ich verlinkte und verhashtaggte
alle Follower und begrüßte sie persönlich.
Nachmittags war ich schon so fertig, dass ich erst mal
ein Nickerchen machte. Und, was soll ich sagen? Top it girl ist dem
Schlaf erlegen und hat abends dann noch ihren Twitter Account gelöscht, an den
bereits zahlreiche Onlineshops gemailt hatten. Please add me and take a look on my website.
Oh, Oma, die Leute wollen wirklich beschissen werden.
Denken ist out. Da müh ich mich jahrelang ab und hab genau drei Leser, von
denen einer ich selbst bin und top it girl beeindruckt allein durch
nicht beeindruckende Präsenz. Bloße Versprechungen reichen aus.
Und? Kann ich mich selbst verkaufen? Ja, wenn ich
alles hinterm Berg halte, was mich ausmacht. Und nein, auf keinen Fall. Ich
halt es nicht aus!! Und das ist gut so. Mein Fazit: Es ist quasi ein Leichtes
eine Gefolgschaft von Dummbratzen, Verzweifelten und anderen Suchenden
aufzubauen, aber schwer ist, Menschen zu
finden, die auch lesen können... Top it girls Zielgruppe wird niemals
meine sein. Aber vielleicht versuche ich es demnächst mit einem Kompromiss und
kündige mich selbst erst mal als Germany's next topblogger an. Wenn's hilft ;)