Es grault mir schon vor dem Tag, an dem mein
zukünftiges Kind fragt: Mama, warum hast du nie Fotos von mir auf Facebook
gepostet? Liebst du mich denn gar nicht? Wer will denn da mit Datenschutz, Privatsphäre
und Stasi 2.0 kommen, wenn sich das Kind ungeliebt fühlt? Oder kaum
vorstellbar, wenn mein eventuell einmal existierender 13-jähriger Sohn
plötzlich Viagra nehmen will, weil er
nicht achtzig Mal am Tag drei Mädchen parallel gangbangen und ich ihn einfach nicht
überzeugen kann, dass das völlig normal ist, weil die Handyfilmchen seiner
Schulkameraden was ganz anderes zeigen. Wer hört in der Pubertät schon auf
seine Eltern? Und ehe ich mich versehe, sitzt mein Baby ohne Schulabschluss im
Linienbus und fährt an die Jersey Shore, weil ich ihr zur Einschulung
kein Smartphone geschenkt habe, mit dem man zum Mars skypen kann. Und da lässt
sie sich dann komasaufend von allen Mitbewohnern pimpern, um anschließend bei Teen
Mom mitzumachen. Und das alles noch vor Erreichen der Volljährigkeit! Oh
Gott, sind in die ganzen Berechnungen, was Kinder kosten (die ich eigentlich
verabscheue), schon mögliche Kautionen und Anwaltskosten einbezogen? Ich mein
nur, falls meine kleine Prinzessin mal im Suff über jemanden drüber fährt, weil
die Lindsey Lohans und Paris Hiltons der Gegenwart (und
wahrscheinlich Zukunft) das ja auch ständig so machen, ohne dass eine wirkliche
Konsequenz folgt, außer noch mehr Geld zu verdienen. Und spätestens dann ist es
wohl auch schon Zeit für Celebrity Rehab. Puh! Könnte ich das aushalten?
Kommt man als Mutter (oder Vater) gegen gesamtgesellschaftliche
Dummdreistigkeit und Verblödung an? Oder auch gegen Alkohol- und
Zigarettenwerbungen, die Coolness versprechen und selbst auf Internetseiten für
Jugendliche mitten im Film eingespielt werden? Mir soeben selbst passiert, als
ich mich auf viva.tv verirrte und was nachschaute; und ehe ich die
eigentliche Information erhalten habe, kam erst mal Bacardi-Oakheart-Werbung.
Hallo??? Liegt die Zielgruppe von VIVA nicht irgendwo zwischen 11
und 20 Jahren?
Wenn Kinder wirklich die Investition in die Zukunft
sind, läuft doch irgendetwas grundlegend falsch. Vielleicht müsste man das
gesamtgesellschaftliche Investment da noch mal überdenken, denn mit der Art und
Weise, wie mit der Ressource umgegangen wird, kann ja niemand ernsthaft eine
rosige Zukunft erwarten. Schon gar nicht für den Nachwuchs selbst.
Kann es einem als Elternteil überhaupt möglich sein
gegen so viel Dämlichkeit in der Welt anzustinken? Wie groß ist die Chance,
dass das eigene Kind nicht doch den Verlockungen und den Ansprüchen und
Erwartungen der Gesellschaft zum Opfer fällt und sich mit 12 Jahren eine
Brustvergrößerung oder Schwanzverlängerung zum Geburtstag wünscht? In einer
Gesellschaft, die sich entweder zu Tode arbeitet oder von selbiger nichts
wissen will. Eine Gesellschaft, die Vorbilder ungestraft Steuern hinterziehen
lässt, während die Supermarktkassiererin bei einem fehlgebuchten Pfand-Bon im
Wert von 1,50 € schon gefeuert wird. Eine Gesellschaft, in der nur noch das
Image zählt, nicht der Inhalt. Arbeit lohnt sich für den Normalbürger nicht -
weder materiell noch in Bezug auf sonstige Wertschätzung. Darum will auch niemand mehr
anderen den Arsch abwischen oder Häuser bauen. Darum wollen alle Model, Sänger
oder It-Girl werden. Und wenn das nicht klappt, Bescheißer.
Ich erwarte eine rosige Zukunft. Eine, die schon begonnen
hat. Eine Welt, in der die Ergebnisse einer Fit-for-Fun-Studie,
als wissenschaftlich relevant angepriesen werden oder am Dammtor-Bahnhof auf Großplakaten mit Nackten für einen Swinger-Klub
geworben wird. Ich bin begeistert! Also, wenn wir da nicht wissen, worauf es
wirklich ankommt. Pädagogisch wertvoll. Als erziehungsgeeignet empfohlen.
Neulich sagte eine Freundin zu mir, wer zu viel
darüber nachdenkt und nebenbei auch noch auf den richtigen Zeitpunkt wartet,
der bleibt kinderlos. Das würd ich so unterschreiben - bei gleichzeitiger
Erleichterung heute nicht mehr jugendlich zu sein, auch wenn ich es mir allzu
gerne einbilde!