Als heute Morgen das Lied "sick and tired"
im Radio lief, musste ich heulen. Irgendwie machte es PLING und mir wurde total
klar, dass ich auch sick and tired of always being sick and tired bin. Seit
zwei Wochen laufe ich in Panik durch mein Leben, es könnte wieder da sein: Sie,
die Krankheit, die mich vor fast 15 Jahren umgehauen hat.
Seit drei Jahren ist das Glas immer halb voll. Ich
krieche auf dem Zahnfleisch. Egal, was ich tue. Und, ich habe alles getan.
Alles, was mir einfiel, was Ärzte, die nichts finden, empfohlen haben. Ich habe
mich von Nadeln durchbohren lassen, Homöopathie ausprobiert, die Ernährung
umgestellt, mich von oben bis unten durchsuchen lassen, Vitamine eingeworfen,
Sport getrieben. Wenn die Kraft für ein Leben begrenzt ist, dann bin ich an der
Grenze. Ich fühle mich zermürbt. Alles, was helfen sollte, hat nur zusätzlich
Kraft gekostet. Und, nun steht die Untersuchung an, die Gewissheit bringen
soll, die ich auch will. Natürlich will ich, dass sie nichts finden. Aber was
ist es dann?
Was habe ich, das mir seit 3 Jahren jegliche Kraft
raubt, am Körper zerrt? In Zeiten der Selbstoptimierung muss ich wohl davon
ausgehen, dass ich mich nicht optimal verhalten habe. Es wird ja stets
suggeriert, dass es für jedes Problem eine Lösung gibt. Umdenken, umernähren,
umsporteln und man ist ein vor Kraft strotzender Mensch, dem die Sonne nur so
aus dem Arsch scheint, dass es andere Leute blendet. Nachdem ich diesen ganzen
Scheiß ausprobiert habe, bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass das alles
totaler Quatsch ist. Das Einzige, was man tun muss, ist seine Probleme zu
lösen, sofern es in unserer Macht steht und nicht gegen unser Naturell zu
leben, auf sich selbst, sein Bauchgefühl zu hören. Für manche Menschen ist
Fleisch wirklich das Gemüse und Helmut Schmidt ist mit diversen, als ungesund
eingestuften Verhaltensweisen, fast 100 Jahre alt geworden. Vielleicht ist es
Glück, vielleicht Vorbestimmung, vielleicht Karma. An was man auch immer
glauben mag. Ich glaube jedenfalls nicht mehr daran, dass wir als Mensch
wesentlichen Einfluss auf bestimmte Dinge haben. Wir bilden uns das gern ein.
Alles muss planbar sein, organisiert werden, abgesichert sein. Wir, die
Besserwisser, die Allmächtigen. Das Leben lacht uns aus und ist nicht sicher,
und wir können schon gar nicht unsere Zukunft bestimmen.
Diese Erkenntnis hat mich heute Nachmittag ebenso
erleichtert wie bestürzt.
Bestürzt, weil man manchmal einfach die Arschkarte
ziehen kann. Jeder spielt die Hauptrolle in seinem Film, doch gibt es eben auch
Kurzfilme. Da erzählt mir meine Mutter heute am Telefon, passend zu meinem
Zustand, sie habe eine Frau kennengelernt, die ungefähr in meinem Alter sei,
zwei Kinder habe, nun das zweite Mal Krebs hat, erst Brustkrebs und nun einen
Gehirntumor. Die Frau sei total nett. Ein Horrorfilm.
Erleichtert hat mich die Erkenntnis meiner geringen
Einflussnahme, weil ich einfach nur sein muss, soviel Unsinnigkeiten los lassen
kann und vielleicht kommt dann die Kraft zurück, die den Film noch ganz lang
und supi macht. Action!