Wandlung,
Aufbruch, Alternative, Falschheit und Selbstkritik
Mal wieder krank. Nachdem ich festgestellt habe, dass
ich Assi-TV im Moment nicht mal im Fieberwahn ertrage, ich mir keine Antworten
auf wichtige Lebensfragen ergoogeln kann und selbst Klatschzeitungen mich
dieses Mal desinteressieren, habe ich angefangen aufzuräumen. Denn, wie sagt
mein Kalender so schön: Reinigung im Außen ist zugleich Reinigung im Innen. Und
die hab ich wieder dringend nötig. Neben dem Brett vorm Kopf, welches ja in
Krankheitsphasen nicht so ganz unüblich ist, bin ich auch sonst völlig asynchron
mit meinem Tag, wenn nicht sogar Leben. Auch das nichts Neues.
Da drängte sich mir das Wahrsage-Set, das ich
beim Aufräumen fand, geradezu auf. Man
klammert sich ja an jeden Strohhalm. Bisher eher nicht, denn gleich als ich es
geschenkt bekommen habe, verschwand das Set im Schrank. Aber nun? Schaden kann
es wohl kaum! Na ja, vielleicht aber doch: Immerhin ist mir aus meinem nahen
Umfeld eine Person bekannt, die sich dreißig Jahre lang geweigert hat, sich
scheiden zu lassen, weil eine Wahrsagerin ihr erzählte: Der Mann kommt
zurück! – Was bis heute ausgeblieben ist und im Grundsatz immer
unwahrscheinlicher wird, da man sich über dreißig Jahre lang mit Prozessen
zermürbt. Die Nerven liegen blank. Meine auch.
Völlig inkompetent in Bezug auf das Kartenlegen
studierte ich erst einmal die Anleitung. Ist ja einfach! Zunächst muss sich
eine Frage überlegt werden, allerdings keine, die lediglich mit Ja oder Nein zu
beantworten ist. Ein Leichtes! Fragen habe ich genug! Den Kartenstapel gut
durchgemischt, sind dann fünf Karten zu wählen, die mit dem Deckblatt nach oben
zeigen und in einer bestimmten Reihenfolge
in das kleine Kreuz gelegt werden. Nach und nach werden die
gezogenen Karten dann umgedreht. Karte Eins stünde für das, was die betreffende
Person gerade kennzeichnet, also mich. Was hab ich gezogen? WANDLUNG. Karte
Zwei würde Auskunft darüber geben, welche Aspekte gedanklich gerade
vorherrschen. Und ich so: AUFBRUCH. Karte Drei sei als Verdrängungskarte zu
bezeichnen und weise auf Aspekte hin, die ich nicht sehe oder wahrhaben wolle.
ALTERNATIVE. Karte Vier gebe darüber Auskunft, warum die Situation so ist, wie
sie zurzeit ist. Antwort: FALSCHHEIT. Karte Fünf orakelt, wie sich die
Situation unter den gegebenen Umständen wohl entwickeln werde. Und hier ein
großes Fragezeichen: SELBSTKRITIK. Enttäuschung. Selbstkritik ist für mich
nicht annähernd die Antwort auf meine Fragen. Oder soll das heißen, dass ich
keine Fragen hätte, wenn ich selbstkritischer wäre? Noch selbstkritischer
werden, würde als nächsten logischen Schritt Suizid bedeuten. Also, das lassen
wir mal lieber. Aber kein Wahrsage-Set ohne Deutungstext und dieser klärt auf: Manchmal
versuchen wir, uns selbst klein zu halten, trauen uns bestimmte Dinge nicht zu
(...). Oder aber das genaue Gegenteil ist der Fall, nämlich die
Selbstüberschätzung oder Fehleinschätzung von Risiken. (...) Wohl eher Ersteres.
Was hat es gebracht? Letztendlich machen die Karten
nur das deutlich, was ohnehin schon in einem schlummert und womit man sich
bereits auseinandergesetzt hat. Sie liefern Stichworte, die auf Interpretation
warten, keine Antworten. Das Leben bleibt das, was ich draus mache.
PS: Vielleicht ignoriere ich die Alternativen, die mir
geboten werden, wirklich: Zwei Menschen klingelten gerade bei mir und wollten
über den richtigen Pfad sprechen. Gott wird es richten, ALLES. Ich lehnte
dankend ab, was sie bedauerten. Auf dem Auge will ich weiter blind bleiben. Ich
habe nichts dagegen, denn mein Pfad ist das nicht.