Selbst die dunkelste Stunde hat nur sechzig Minuten. Was, wenn
sich Stunde um Stunde summiert und alles schon fünf Monate andauert? Wenn vor
mir nur Wand ist? Wenn ich allein das ganze Dorf bin? Vierundzwanzig Stunden am
Tag, sieben Tage die Woche. Und von mir nichts mehr ist. Nur Dunkel. Und als
ich gestern im Dunkeln in der Wanne lag, im heißen Melissenbad, das mir den
Frost aus dem Körper zog, da fiel mir ein, was neulich Jemand sagte. Dass
Dunkel in unserer Gesellschaft immer schlecht sei. Dabei sei Dunkel der
Ursprung von allem. Im Mutterleib ist es dunkel. Ein Saatkorn, das in der Erde
aufgeht, ist erst einmal im Dunkeln. Vom Dunkel ins Licht. Ich ahnte etwas von
meiner Kraft. Und dann stieg ich aus der Wanne und ich hatte keine Ahnung. Kein
Plan. Früher hatte ich immer einen Plan. Oder zumindest Ideen. Jetzt nix mehr.
Alles aufgebraucht. Manchmal ist Dunkel vielleicht auch nicht der Anfang von
Etwas, sondern ganz praktisch auch das Ende, wenn man sich so fühlt.
Und dann dieses Arztgespräch. Ob ich die Geschichte von
Münchhausen kenne. wie er sich am eigenen Haarschopf samt Pferd aus dem Morast
gezogen haben will. Physikalisch völliger Schwachsinn. Der Arzt meinte es
ernst, denn menschlich sei es nämlich sehr wohl möglich, sich an seinen Haaren
aus dem Sumpf zu ziehen. Klar, kein Spaziergang, aber glauben Sie mir, es geht.
Ich hab es schon gesehen. Es ist passiert. Und, wenn nicht so, dann gibt es
immer einen Plan B. Alles wird gut. Wir sind mit unserem Latein lange nicht am
Ende. Und dann fährt man hoffnungsvoll nach Hause, wo dann doch keine Hoffnung
ist. Und einem fällt ein, dass man überhaupt kein Latein kann und im Abi auch
in Mathe ne Sechs hatte. Vielleicht hat man auch gar kein Abi. Wobei das ja
auch nicht schlimm ist. Denn Dummheit ist gerade en vogue und schämt sich nicht
mehr. Und selbst mit Abi sind viele so dumm, dass es weh tut. Vielleicht bin
ich das erste Mal im Leben so richtig im Mainstream. Schlechte Entscheidungen
kann ich richtig gut. Alles fühlt sich absurd an. So absolut das Gegenteil von Alles
wird gut. Eher wie Abgesang und Untergang. Sowohl auf der einen als auch
auf der anderen Ebene.