Abends, wenn das Kind schläft, dann googelt man
ja schon das eine oder andere oder bleibt bei Fernsehsendungen hängen, die man
sonst nicht geguckt hat und in letzter Zeit – es liegt in der Natur der Sache –
blieb ich häufig beim Thema Alleinerziehende hängen. Und, früher oder später
wird dann immer die Frage gestellt, was sich verbessern muss, damit es für
Alleinerziehende besser wird. Ich finde ja, dass die Frage schon mal doof ist,
weil es auch für traditionelle Familien nicht super ist und läuft. Aber gut,
steht auf einem anderen Blatt.
Jedenfalls ist mir aufgefallen, als ultimative
Lösung für alle Probleme, wird immer der Ruf nach dem Ausbau der
Kinderbetreuung laut. Sie muss flexibler werden und ist überhaupt die Antwort
auf eine jede Herausforderung im Leben mit Kind oder Kindern.
Theoretisch ist das ja toll, praktisch würde es
mein Leben als Mutter nicht verbessern, weil das nicht den Vorstellungen
entspricht, die ich vom Muttersein habe. Das sind theoretische Lösungen, die so
gar nicht zu meinem praktischen emotionalen Erleben passen.
Ich will mein Kind gar nicht krank in der Kita
abgeben, obwohl ich neulich von einer Einrichtung gehört habe, die sogar
Kinderkrankenpflege anbietet. Ich will mein Kind auch nicht noch früher hinbringen
oder später abholen, nicht da übernachten lassen und was weiß ich. Bei mir ist
es eher ein Mangel an Dorf, Familie, an Netzwerk; ich hadere mit dem Opfer,
dass wir für die Industrialisierung gebracht haben: Ich will nicht immer noch
mehr Fremdbetreuung – im Gegenteil, ich würde gern mehr Zeit mit meinem Kind
verbringen. Als Mensch fehlt mir einfach das Menschliche. Und das ging mir auch
schon so, als ich – zumindest theoretisch – noch nicht alleinerziehend war.
Die Lösungen sind alle politisch und auf das gesamtgesellschaftliche
Funktionieren ausgelegt. Da ist kein Platz für Emotionen, Spiritualität,
Liebhaben, Familie; da geht es um Fachkräftemangel und wie Frauen genauso
Karriere machen können wie Männer.
Familie oder Karriere? Wieso entweder oder, wenn
doch beides geht. Will man uns vermitteln. Vielleicht geht sogar beides, aber
man zahlt einen Preis dafür.
Und, heute als Alleinerziehende geht’s mir
nicht anders, als damals in einer Beziehung lebend. Ich muss Miete zahlen, das
Kind ankleiden, Kitagebühren aufbringen, ernähren und was eben so bezahlt
werden muss. Der Monat ist lang, das Geld bleibt kurz. Und da ist das Problem.
Ich muss arbeiten. Und, wenn ich ehrlich bin, will ich es gerade nicht. Doch
das darf man irgendwie nicht sagen. Das kommt in den Diskussionen überhaupt
nicht vor. Ich bin ja selber irritiert.
Das Kind ist nur einmal so alt wie es jetzt
ist, das Leben ist jetzt und nicht später.
Das Kuriose ist, ich war mal eine totale
Verfechterin von Es-geht-alles-und-ist-überhaupt-kein-Problem. Ich komme aus
der DDR. Da ging das immer und war so. Dann bin ich ausgebildete Erzieherin und
von daher sowieso total überzeugt, dass Kindergärten super sind.
Und, dann wurde ich selbst Mutter und irgendwie
will das durchstrukturierte Wegplanen des Kindes um selbst zu arbeiten
überhaupt nicht in mein (Gefühls-)Leben passen.
Und, je strapazierter ich gerade vom Job bin,
je höher sich der Abwasch stapelt (so wie die Rechnungen), je lauter meine
Realität wird und je müder ich werde, desto größer wird der Wunsch, mein Kind
einzupacken und mir eine Hütte im Wald zu bauen. Fernab von all dem Scheiß, von
einer Kita, die ich nicht will und die mein Kind besucht, damit ich einen Job
machen kann, den ich schon lange nicht mehr toll finde, in einer Stadt, in der
ich so einsam bin, dass ich von Zeit zu Zeit das Gefühl habe, unterzugehen. Es
kommt mir alles total unnatürlich vor. Sinnlos. Falsch.
Und, obwohl ich mich dafür total verabscheue,
weil es mir im Grundsatz widerstrebt, kommt mir in solchen Momenten die
traditionelle Aufteilung (Frau verantwortlich für Haushalt und Kinder und Mann der
Ernährer) total attraktiv vor. Dabei weiß ich genau, dass ich auch dann
durchdrehen würde, weil ich immer gern gearbeitet habe und mein eigenes Geld zu
schätzen weiß. Das Problem ist ohnehin, dass ich mich nicht unterordnen kann
und will. Letztendlich wäre es, dauerhaft gelebt, eine Verschwendung von
Potenzial. Ich hasse Verschwendung. Aber eine Weile könnte ich es aushalten.
Denn ein Kind großzuziehen, ist schon ein Job. Und, alles zu schaffen, allein,
ohne Hilfe, ist eine Illusion, genauso wie die Idee, dass der Ausbau der
Kinderbetreuung an der Problematik etwas ändern würde. Es bleiben zwei Jobs.
Kind und Erwerbsarbeit. Und, ich finde es auch unehrlich immer zu fordern, denn
das ist oft der zweite Lösungsvorschlag, dass Arbeitgeber einfach flexibler
sein müssen und andere Arbeitsmodelle anbieten sollen. Das nützt mir persönlich
auch überhaupt nichts. Wie viele andere Frauen arbeite ich im sozialen Bereich
und der beinhaltet den Umgang mit echten Menschen, die ich nicht flexibler
betreuen, pflegen oder im Home-Office versorgen kann.
Wahrscheinlich entspringt die Faszination der Versorgerehe
einer Verzweiflung, meiner Verzweiflung. (Und verzweifelt wäre ich ja dann
auch, wenn der Versorger verschwindet und ich dann dumm und unversorgt dastehe.)
Aber, wenn der eckige Pflock nicht ins runde
Loch passt, wenn Verstand und Herz kämpfen, wenn das ganze Leben nur ein scheiß
Kompromiss ist, wenn man das Gefühl hat, dass man gar nicht sein Leben lebt… Ja,
dann bekomme ich immer so tolle Ideen.
Einfach, weil nicht annähernd eine realistische
Lösung am Horizont zu erblicken ist. Ich kenn das schon aus anderen Bereichen.
Wenn mein Job phasenweise so anstrengend ist und ich z.B. an einer Schafherde
vorbeifahre, dann kommt es mir mega attraktiv vor, Schäferin zu werden.
Wenn ich Hunger habe, hatte ich schon öfter die
Idee DAS Café, Bistro oder Restaurant zu eröffnen…
Ja, liebe Leute, ihr habt es erfasst. Mir ist
gar nicht zu helfen. Denn, wenn mir alles zu viel wird, bin ich auch die
Prinzessin, die darauf hofft, dass bald der Prinz auf seinem scheiß Gaul
vorbeikommt. Zumindest heute. Mal ganz kurz.