Ja, ich weiß: Ein bisschen spät. Aber besser
spät als nie, oder? Vielleicht habe ich einfach ein paar Wochen gebraucht, um
mich vom Jahreswechsel zu erholen, denn sind wir mal ehrlich: Jahreswechsel
sind einfach auch nicht mehr das, was sie mal waren! Es gab Zeiten, da hatte
ich gute Vorsätze und das Gefühl von Neuanfang und Frische. Im Moment will ich
einfach nur durchkommen. Natürlich hoffe ich nach wie vor, dass alles besser
wird, doch habe ich im Laufe meines bisherigen Lebens alle Ideen zur Verbesserung
ausprobiert und nun einfach keine mehr übrig. Ich beschränke mich deshalb
einfach aufs Weitermachen. Gerade habe ich ohnehin keine Zeit, mir Gedanken
über meine Zukunft zu machen. Im Moment zählt einfach die Tatsache, dass diese
Wohnung kein Palast ist und für zwei
Personen zu klein. Insbesondere, wenn eine der Personen ihren autistischen
Tagesablauf liebt und grundsätzlich nicht gern teilt (zumindest nicht die
Wohnung), auch wenn Teilen total angesagt ist. Nein, danke!
Wo soll ich anfangen…?
Es
war einmal eine kleine Prinzessin, die im letzten Sommer feststellte, dass da
keine Schmetterlinge mehr flattern und sie mehr Poesie und Kostümbälle in ihrem
Leben haben will. Die Erkenntnis kam, als das Schloss gerade stand, für das
insbesondere der Prinz sich den Arsch abgeschuftet hat (wie es auch noch die
nächsten Jahrzehnte von Nöten sein wird). Doch nach einer kurzen Phase der
pubertären Irreführung kehrte die Prinzessin in ihr Reich zurück. Das Volk
atmete auf. Die Familie hoffte. War es nicht immer das Gleiche, der Anfang vom
Ende? Es dauerte nicht lange, da schickte die Prinzessin einen Boten, um der
Familie mitzuteilen, dass sie nicht mehr sicher sei. Was solle sie tun? Der
Prinz sei nicht schuld, sie wolle ihn nicht verletzen. Das habe er nicht
verdient. Andererseits könne sie auch nicht bleiben, bei jemandem, der es
vielleicht nicht ist. Die Prinzessin suchte die Seherin auf. Sei sie nicht
längst entschieden? Da platzte es nur so aus der Prinzessin heraus. Seit
Monaten habe sie eine Liaison mit dem Prinzen des Nachbarreiches. Er sei
derjenige welcher. Oder nicht? Seine Prinzessin habe bereits das Reich
verlassen.
In
den darauffolgenden Wochen suchte die Prinzessin immer wieder den Rat der
Seherin, ohne dass sich etwas änderte. Sie blieb im Schloss bei ihm und
unternahm Ausritte mit dem anderen. Schließlich wurde es kühler, der Herbst zog
vorbei, das Weihnachtsfest nahte. Die Prinzessin litt unter ihrem strapazierten
Nervenkostüm. Sie wollte reinen Tisch machen und so geschah es an Weihnachten.
Der Familie sollte der neue Prinz vorgestellt werden. Sie hießen ihn nicht
willkommen. Es war zu früh, um Hof zu halten. Auch das Volk war aufgebracht. Die
Nachricht des Ehebruchs verbreitete sich rasend schnell im Königreich. Waschweiber
der angrenzenden Höfe und Damen benachbarter Anwesen wussten Geschichten zu
erzählen, die selbst die Prinzessin erröten ließen. Sie fürchtete um ihre Sicherheit.
Schnellstmöglich musste sie das Königreich verlassen. Sicher konnte sie sich
nicht mehr sein.
Kurzum: Die Prinzessin wohnt jetzt bei mir.
Und wäre ich lebens- bzw. liebeserfahren oder irgendetwas in die Richtung,
hätte ich bestimmt auch eine Antwort auf all die Fragen, die ich mir so stelle:
Warum fragt sie ständig nach meinem Rat, ohne ihn zu befolgen? Warum erfahre
ich immer nur die halbe Wahrheit und das dicke Ende kommt dann immer erst noch?
Und darf ich mich darum verarscht fühlen? Bin ich die einzige, die in diesem
Bereich nichts von Multitasking und Zweigleisigkeit hält? Bin ich ungerecht und
ist es nur mein subjektives Empfinden, dass die Verursacherin, die nun Abend
für Abend auf meiner Couch sitzt, sich lieber als Opfer sieht, indem sie
aufzählt, was er denn alles so falsch gemacht hat? War sie quasi gezwungen,
sich umzuorientieren? Weint sie eher dem Haus nach als ihm? Und ist sie auch
gezwungen, den Prinz nun zurückzuwollen, sich gleichzeitig aber den anderen
warmzuhalten? Und darf man Verwandten böse sein, wenn sie ihr Leben und das von
anderen verkacken? (Zu letzterem wohl eher: Nee! Man darf hoffen, dass kleine
Schwestern lernen, irgendwann wissen was sie wollen und ein Ziel erreichen,
quasi ankommen, so wie wir es für uns selbst erhoffen.)
Aber eine Frage sei noch erlaubt: Bin ich
hier bei den scheiß Desperate Housewives???